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Wohin gehen die Leitzinsen 2024?

Frankfurt/Main (12.2.24) – Noch zum Ende des vergangenen Jahres war am Markt deutlich die Erwartung baldiger Zinssenkungsschritte der europäischen und US-amerikanischen Notenbanken zu vernehmen. Doch zu Beginn des Jahres 2024 hat die vermeintliche Klarheit spürbar abgenommen. Wirtschafts- und Arbeitsmarktdaten – und nicht zuletzt die Aussagen der Währungshüter selbst – stellen die bisherigen Zinssenkungserwartungen infrage. Luca Pesarini, Chief Investment Office bei ETHENEA, erläutert die Gründe für die aktuelle Zurückhaltung auf beiden Seiten des Atlantiks.

1. Die Erreichung des Zwei-Prozent-Ziels der Notenbanken bleibt fraglich – Superwahljahr verstärkt Ungewissheit

„Die in den zurückliegenden Jahren vollzogene geldpolitische Straffung durch Währungshüter in den USA und der Eurozone entfaltet sich mit verzögerter Wirkung: In der zweiten Jahreshälfte 2023 gingen die Inflationsraten rasch zurück. Klar ist der Pfad in Richtung der Zielinflationsrate jedoch keineswegs: Geopolitische Spannungen und solide Arbeitsmärkte machen den mittelfristigen Disinflationsprozess ungewiss. Hinzu kommt, dass im Jahr 2024 in mehr als 70 Ländern die Hälfte der Weltbevölkerung zum Gang an die Urnen aufgefordert ist. Die Wahlen dürften sich auf die Steuer-, Handels-, Einwanderungs- und Geopolitik auswirken. Amtsinhaber könnten in Versuchung geraten, ihre Wiederwahl durch fiskalpolitische Programme zu unterstützen. Das wiederum würde inflationär wirken.“

2. Fed im Dilemma – Notenbanker kassieren dovishe Töne

„Die Chancen für die lang antizipierte weiche Landung in den Vereinigten Staaten stehen gut: Die US-Wirtschaft hat mit einem BIP-Anstieg von 3,3 Prozent im vierten Quartal 2023 wieder einmal positiv überrascht. Die US-Konjunktur wuchs damit so schnell wie seit sieben Monaten nicht mehr. Die Aussichten für das erste Quartal 2024 deuten auf eine gesunde Expansion hin. Trotz der verlangsamten Teuerung in den Vereinigten Staaten erscheint eine rasche Rückkehr zum Zwei-Prozent-Inflationsziel zweifelhaft. Ein robuster Arbeitsmarkt, solide Einzelhandelsumsätze und fiskalische Anreize wirken einer schnellen Annäherung an das Zwei-Prozent-Ziel entgegen. Die Bedingungen für Zinssenkungen sind demnach noch nicht erfüllt. Umso überraschender, dass die Fed Ende vergangenen Jahres über mögliche Zinssenkungen zu diskutieren begonnen hatte. Der Eindruck: Die Fed hat sich in der Abwägung zwischen Inflationsbekämpfung und Wachstumsunterstützung offenbar zugunsten des Letzteren entschieden. Deshalb steht die Notenbank in den USA derzeit vor einem Dilemma: Wenn sie zu spät reagiert, riskiert sie eine zu starke Verlangsamung der Wirtschaft. Senkt sie die Leitzinsen wiederum zu früh, setzt sie sich dem Vorwurf aus, politisch motiviert zu sein, und konterkariert möglicherweise den Disinflationszyklus.

Wir gehen davon aus, dass eine Zinssenkung im März definitiv zu früh ist und dass weiterhin gute Wirtschaftsdaten den Optimismus hinsichtlich einer baldigen geldpolitischen Lockerung dämpfen werden. Die Anfang Februar veröffentlichten Arbeitsmarktdaten waren ein unüberhörbarer Weckruf. Auch die Währungshüter geben sich derzeit deutlich zögerlicher.“

3. Drahtseilakt der EZB – Währungshüter suchen Balance zwischen Wachstum und Disinflation

„Die Eurozone musste im vergangenen Halbjahr eine technische Rezession verbuchen. Trotz niedriger Wachstumserwartungen in der ersten Jahreshälfte 2024 rechnen wir mit einer stagnierenden Wertschöpfung. Während das Verbrauchervertrauen und die Umsätze im Einzelhandel in der Eurozone Ende 2023 weiter zurückgingen, dürften steigende Reallöhne und eine rekordtiefe Arbeitslosigkeit die Nachfrage stützen. Mit Blick auf den Disinflationszyklus bedeutet dies, dass sich die Inflation hartnäckiger halten könnte. Zwar ging die Kerninflation im Jahresvergleich deutlich zurück, sie liegt mit 3,6 Prozent aber noch immer weit über Zwei-Prozent-Ziel der Notenbanker. Die EZB wird die Entwicklung der nächsten Monate abwarten und datenabhängig entscheiden. Da makroökonomische Daten auf eine Stabilisierung der Wirtschaft in der Eurozone bis Mitte des Jahres hindeuten und die Spreads der Staatsanleihen keine Gefahr einer Fragmentierung erkennen lassen, gibt es für die EZB keinen Grund, überhastet zu handeln. Behält sie ihren restriktiven Kurs jedoch zu lange bei, riskiert sie, einen Abschwung herbeizuführen.

Die große Frage in diesem Jahr ist mit Blick auf die Eurozone: Wie geduldig werden die Währungshüter angesichts dieses Balanceakts und im Angesicht erster Zinssenkungsschritte der Fed sein? Fakt ist, die letzte Etappe auf dem Weg zum Inflationsziel wird die komplizierteste und könnte weitere wirtschaftliche Schmerzen erfordern. Auch aus den Reihen der europäischen Notenbanker ist zu vernehmen, dass eine vorschnelle Lockerung der Geldpolitik vermieden werden müsse und das neutrale Zinsniveau gestiegen sei. Zinssenkungen im April gelten lange nicht mehr als gesetzt – auch Pausen zwischen einzelnen Schritten sind im Gespräch.“

4. Bei aller Unsicherheit: Zinssenkungen kommen in diesem Jahr

„Das globale Wirtschaftswachstum liegt nach einer Schätzung des Weltwährungsfonds (IMF) im Januar mit 3,1 Prozent im langfristigen Schnitt und ist moderat. Eine globale Rezession wird unwahrscheinlicher. Zusätzlich zum soliden Wachstum setzt sich der Disinflationstrend fort. Auch wenn die Schritte der Währungshüter deutlich weniger aggressiv ausfallen werden, als es noch immer viele Marktteilnehmer erwarten: Dass viele Zentralbanken, darunter auch die Fed und die EZB, in diesem Jahr die Leitzinsen senken werden, bleibt Marktkonsens.“

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