DVFA gründet Kommission „Geldpolitik“ mit renommierten Mitgliedern – Bielmeier: „Neuauflage von TLTRO wirft Schlaglicht auf kritische Doppelrolle der EZB“ – Positionspapier zu acht Arbeitsfeldern und Konferenz geplant

Frankfurt/Main (5.12.18) – Es gab in den jüngeren Geschichte kaum eine Periode, in der die Kapitalmärkte so stark von der Geldpolitik beeinflusst wurden wie zur Zeit. Selbst die amerikanische Notenbank (Fed) räumt in einer von ihr veröffentlichten Studie ein, dass allein ihre Käufe von Staatsanleihen die Zinsen zehnjähriger US-Papiere um einen Prozentpunkt gedrückt hätten. Was für die Rentenmärkte gilt, gilt für alle Assetklassen: Künstliche Nachfrage der Notenbanken und Liquidität im Überfluss haben das Preisgefüge verzerrt und den Preisfindungsmechanismus der Märkte nachhaltig beeinträchtigt, insbesondere um gesamtwirtschaftliche Deflationsgefahren im Nachgang der globalen Finanzkrise und Euroland-Staatsschuldenkrise nachhaltig abzuwehren. Grund genug für die DVFA, den Berufsverband der Investment Professionals, eine eigene Kommission einzurichten, die sich mit Fragestellungen rund um die Normalisierung der Geldpolitik beschäftigen soll.

Die Arbeitsgruppe besteht bei ihrer Gründung aus sechs Mitgliedern und wird von Ulrike Groschopp, Executive Director bei der Deutsche Börse AG, geleitet. Weitere Mitglieder sind:

  • Dr. Frank Engels, Leiter Portfoliomanagement von Union Investment
  • Dr. Jan Holthusen, CEFA, Leiter des Zins- und Anleihenresearch bei der DZ BANK
  • Ingo Mainert, CIO Multi Asset Europe bei AllianzGI
  • Dr. Hans-Peter Rathjens, CEFA, Senior Strategist bei AllianzGI
  • Dr. Klaus Wiener, Chefvolkswirt und Geschäftsführer des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV)

Die folgenden Themenkomplexe werden im Mittelpunkt der Arbeit der Kommission stehen:

Die Rolle der Zentralbank

  • Geraten die Zentralbanken unter zunehmenden Einfluss der Politik?
  • Bankenaufsicht in der EZB – Führt die Doppelrolle zu einem Bias in der Geldpolitik?
  • Ist das Inflationsziel noch das richtige Steuerungsinstrument der Geldpolitik?
  • Wie kann die Kapitalmarkt- und Bankenunion den Transfermechanismus zwischen Geldpolitik und Unternehmensfinanzierung verbessern?

Makroökonomische Entwicklungen und langfristige Auswirkungen

  • Gibt es im Ökonomen-Streit um das europäische Zahlungsverkehrssystem „Target2“ konstruktive Lösungen für den Umgang mit dem negativen Saldo zu Lasten der Deutschen Bundesbank?
  • Verstärkt die Niedrigzinspolitik die Ungleichverteilung von Einkommen und Vermögen?
  • Werden durch die lockeren Finanzierungsbedingungen Unternehmens-„Zombies“ am Leben gehalten?

Einflüsse neuer Technologien

  • Central Bank Digital Currencies (CBDC) – Wie wirkt das Aufkommen digitaler Währungen auf das Monopol der Zentralbanken und die bestehende Währungsordnung?

Ulrike Groschopp: „Nach zehn Jahren Krisenmodus steht eine Normalisierung der Geldpolitik auf der Agenda; als Interessenvertretung der deutschen Investment Professionals wollen wir uns einbringen in die politische und wissenschaftliche Debatte zu ihrer zukünftigen Ausrichtung. Mit der Einrichtung einer ständigen Kommission tragen wir der zunehmenden Bedeutung der Geldpolitik für die Kapitalmärkte Rechnung.“

DVFA Vorstandsvorsitzender Stefan Bielmeier verweist vor allem auf den immanenten Rollenkonflikt der EZB: „Die Tatsache, dass im Rat der EZB über eine Neuauflage von besonders günstigen Langfristtendern für Banken („Targeted Longer-Term Refinancing Operations“ –TLTRO) nachgedacht wird, wirft ein Schlaglicht auf den Interessenkonflikt zwischen Bankenaufsicht und Geldpolitik. Während in der einen Rolle der Einstieg in Zinserhöhungen kommuniziert wird, sollen in der anderen Rolle – vor allem italienische – Banken gestützt werden.“

DVFA e.V.: Die Standesorganisation der Investment Professionals in den deutschen Finanz- und Kapitalmärkten mit 1.400 persönlichen Mitgliedern. Der Verband engagiert sich für die Professionalisierung des Investment-Berufsstandes, erarbeitet Standards und fördert den Finance-Nachwuchs. Der Verband ist international verankert. Er ist Mitglied von EFFAS – European Federation of Financial Analysts Societies mit über 17.000 Investment Professionals europaweit und auch Mitglied bei der ACIIA – Association of Certified International Investment Analysts, einem Netzwerk mit 100.000 Investment Professionals weltweit.

Die Expertise der einzelnen Kommissionsmitglieder:

Dr. Frank Engels leitet bei Union Investment das Fondsmanagementteam mit 285 Mitarbeitern und verantwortet die Strategie für ein Anlagevolumen von rund 267 Mrd. Euro. Der promovierte Volkswirt ist im Januar 2012 als Managing Director in die Union Investment Privatfonds GmbH eingetreten und verantwortete in dieser Funktion die Leitung des Rentenfondsmanagement. Davor arbeitete Engels unter anderem für den IWF, Barclays Capital sowie die EZB. Engels ist Mitglied im Vorstand der DVFA.

Dr. Jan Holthusen, CEFA, ist Leiter Zins- und Anleihenresearch bei der DZ BANK. In den Verantwortungsbereich des promovierten Volkswirts fallen damit die Analyse der Notenbankpolitik und der globalen Zinsmärkte, das Devisenresearch, das Corporate Bond-Research sowie die Analyse von Emittenten aus der Finanzbranche sowie von strukturierten Zinsprodukten wie beispielsweise Asset Backed Securities (ABS).

Ulrike Groschopp ist seit 2012 für die Gruppe Deutsche Börse tätig und seit 2016 Leiterin der Clearing Strategie der Eurex Clearing AG. Sie war verantwortlich für strategische Projekte wie die Entwicklung und Einführung von EurexOTC Clear sowie größere Fusions- und Akquisitionsgeschäfte. Bevor sie 2012 zur Gruppe Deutsche Börse kam, arbeitete sie als Beraterin bei der Unternehmensberatung Capco. Ulrike Groschopp ist Diplom-Volkswirtin und Mitglied im Vorstand der DVFA.

Ingo R. Mainert ist Chief Investment Officer Multi Asset Europe bei Allianz Global Investors. Als Managing Director ist er Mitglied des European Executive Committee und des Global Policy Council. Mainert ist zudem stellvertretender Vorstandsvorsitzender der DVFA, Vertreter der EFAMA (European Fund and Asset Management Association) in der Bond Market Contact Group (BMCG) der EZB, Mitglied des Issuer Market Advisory Committee (IMAC) der Deutschen Börse AG und Beisitzer im Widerspruchsausschuss der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin).

Dr. Hans-Peter Rathjens, CEFA, ist seit April 2011 Mitglied des Teams „Global Economics & Strategy Group“ bei Allianz Global Investors. Zuvor war er bei Cominvest verantwortlich für Fixed-Income-Modell-Portfolios. Seine Karriere startete er 1987 als Analyst für Lateinamerika bei der WestLB. Danach folgten Stationen im Fixed Income Research und Portfoliomanagement verschiedener Häuser. Herr Rathjens hat einen Doktortitel in Wirtschaftswissenschaften von der Universität Hamburg und ist CEFA Charterholder. Er ist Dozent für moderne Portfoliotheorie an der DVFA Finanzakademie.

Dr. Klaus Wiener ist seit 2015 Mitglied der Geschäftsführung im GDV. Er verantwortet als Ko-Geschäftsführer den Präsidialausschuss „Unternehmenssteuerung und Regulierung“. Zudem ist er Chefvolkswirt des Gesamtverbands. Seine Ausbildung zum Volkswirt absolvierte er in Deutschland und den USA mit den Schwerpunkten Außenwirtschaftstheorie, Finanzwesen und Ökonometrie. Er schloss sein Studium 1993 an der University of Georgia mit akademischen Grad Doctor of Philosophy (Ph.D.) ab. Der akademischen Ausbildung folgten erste berufliche Stationen bei der Commerzbank in Frankfurt und der WestLB. Im Jahr 1998 wechselte er in die Versicherungsbranche.