Ernst & Young EY:

EU-Neuwagenmarkt unter Druck,

Elektromarktanteil weiter rückläufig

Stuttgart (18.4.24) – Dem Aufwärtstrend auf dem EU-Neuwagenmarkt droht die Puste auszugehen. Im März schrumpfte der Pkw-Absatz um fünf Prozent, in immerhin 22 der 27 Ländern waren die Neuzulassungen rückläufig. Zum Teil ist dieser Rückgang allerdings auf Kalendereffekte zurückzuführen – Ostern lag in diesem Jahr im März, im Vorjahr im April. Dementsprechend wird der EU-Neuwagenmarkt im April voraussichtlich ein deutliches Wachstum aufweisen.

Insgesamt aber blickt Constantin M. Gall, Managing Partner und Leiter Mobility bei EY für die Region Europe West, skeptisch auf den weiteren Jahresverlauf: „Die Wachstumsdynamik lässt nach, der Neugenabsatz bleibt weit unter dem Vorkrisenniveau“. Im März lagen die Neuzulassungen 40 Prozent niedriger als im März 2019.

Gall sieht mehrere Gründe für die anhaltende Schwäche des Neuwagenmarktes: „Die Konjunktur schwächelt nachhaltig, Anzeichen für einen echten Aufschwung gibt es keine, die erheblichen geopolitischen Spannungen belasten zusätzlich das Investitionsklima – sowohl bei Privatleuten als auch bei Unternehmen. Hohe Neuwagenpreise machen den Autokauf zudem für viele Menschen unerschwinglich. Hinzu kommt in Deutschland das Aus für die Umweltprämie, das den Absatz von Elektroautos abbremst.“

Gall rechnet damit, dass der EU-Neuwagenmarkt in diesem Jahr nur leicht wachsen wird. Die Autobauer versuchen mit teils erheblichen Rabatten gegenzusteuern: „Die Neuwagenpreise stehen kräftig unter Druck“, beobachtet Gall. „Viele Hersteller leiden unter erheblichen Überkapazitäten. Nicht ausgelastete Fabriken kosten allerdings viel Geld, daher sind die Anbieter auch wieder bereit, teils erhebliche Preisnachlässe zu gewähren, was sich negativ auf die Margen auswirken wird.“

Elektroautos: Marktanteil rückläufig

Im März sanken die Neuzulassungen von Elektroautos in der EU um 11 Prozent, der Marktanteil ging von 13,9 auf 13,0 Prozent leicht zurück. „Die Situation auf dem Markt für Elektroautos ist besorgniserregend“, sagt Gall. „Das Kundeninteresse wächst längst nicht so stark wie erhofft, in immer mehr Ländern sehen wir sogar einen deutlichen Rückgang der Nachfrage“.

Zudem sind Elektroautos in den meisten EU-Ländern nach wie vor ein Nischenprodukt: In immerhin 14 EU-Ländern lag der Elektro-Marktanteil im März unter 10 Prozent. In Deutschland lag im März mit einem Elektro-Marktanteil von 11,9 Prozent im EU-Vergleich im Mittelfeld.

„Das Kaufinteresse ist nicht nur in Deutschland zuletzt spürbar gesunken, der Hochlauf der Elektromobilität stockt, viele potenzielle Kunden warten erst einmal ab“, beobachtet Gall. „Dies in Kombination mit zunehmender Unsicherheit rund um die Regulatorik und um das Verbrenner-Aus führt aktuell geradezu zu einer Renaissance für den Verbrenner.“ Die schwache Absatzentwicklung bei Elektroautos könnte sich zu einem Problem für einige Anbieter auswachsen, da 2025 neue, verschärfte CO2-Ziele für die Hersteller in der EU gelten und bei Nichterreichen dieser Ziele Milliardenstrafen fällig werden.

„Die Branche wird sich etwas einfallen lassen müssen, um wieder so etwas wie Elektro-Begeisterung aufkommen zu lassen und neue Kundengruppen anzusprechen“, sagt Gall. Denn die erste Welle an innovationsaffinen Kunden, gerade in Ballungsgebieten, sei inzwischen weitgehend adressiert, während das E-Mobilitätsangebot für ländliche Gegenenden angesichts der noch begrenzten und unzureichenden Ladeinfrastruktur und der nach wie vor bestehenden Reichweitenbedenken noch nicht überzeuge. „Wir sind noch längst nicht so weit, dass sich ein durchschnittlicher Neuwagenkunde ohne Bedenken ein Elektroauto kauft – da sind noch erhebliche Überzeugungsarbeit, Investitionen und nicht zuletzt neue, bessere und günstigere Elektroautos notwendig.“ Vor allem brauche die Branche jetzt Verlässlichkeit, ergänzt Gall: „Die aktuelle Debatte auch auf EU-Ebene über das Verbrenner-Aus im Jahr 2035 führt zu erheblicher Verunsicherung – obwohl die Branche angesichts des enormen Investitionsbedarfs heute mehr denn je Planungssicherheit bräuchte.“

Elektroautos in Skandinavien am populärsten – weiterhin sehr niedrige Marktanteile in Ost- und Südeuropa

Der höchste Marktanteil von Elektroautos wurde im März in Dänemark mit 42 Prozent registriert. Den niedrigsten Marktanteil wies Kroatien mit ein Prozent auf. Berücksichtigt man zusätzlich Plug-in-Hybride, wird der Unterschied noch deutlicher – dann reicht die Spanne von 58 Prozent (gemeinsamer Marktanteil BEV und PHEV) in Schweden bis drei Prozent in Kroatien.