Deutschland, Deutschland über alles, über alles wächst bald Gras! / Kommentar von Christoph Wehnelt

(6.3.15) – Journalisten sind bestimmt nicht immer die vortrefflichsten Manager, wenn sie den Bleistift oder auch das Mikro an den Nagel hängen, wenn sie aufhören zu fabulieren und in Großunternehmen oder Banken das große Rad drehen wollen oder müssen. Der Platzwechsel am Schreibtisch von der Seite des Berichterstatters und Kommentators zum PR-Mann geht allzu häufig daneben. Im Getriebe des Topmanagements versagen die meisten Schreiberlinge oft sehr schnell.

Eine ausgezeichnete Figur macht allerdings Michael Best, den sich Bundesbankpräsident Jens Weidmann als Zentralbereichsleiter Kommunikation ins Haus holte. Best kommt vom öffentlich rechtlichen Fernsehen, hat sich da einen Namen als Börsenkommentator gemacht und heute gibt er selbst Statements im Namen der Bundesbank ab. Best gehört zum inneren Kreis des Bundesbankpräsidenten, umso gewichtiger sind seine Aussagen, umso mehr kann er aber auch den Chef entlasten.

So zum Beispiel im ZdF wo er nach der unsäglichen Pressekonferenz Draghis zum Anleiheankauf in Billionen-Höhe eindeutig Position bezogen hat, weil einerseits diese Draghi-Strategie weitgehend deutschen Interessen zuwider läuft und auch die Methoden der Kommunikation des Billionen-Sassas alles andere als kollegial zu bezeichnen sind. Man sollte kritische Diskussionen über die eingeschlagene Geldpolitik nicht einfach niederbügeln, sondern eine Meinungsvielfalt zulassen, um nicht nur den Kollegen sondern auch weiten Bevölkerungskreisen die Chance zu geben, mitdenken und mitsprechen zu können, um die volkswirtschaftliche Gesamtlage in Euro-Europa besser verstehen zu lernen oder, wenn es sein muss, auch abzubügeln.

Der Hasardeur aus dem Süden entwickelte sich im Norden zunehmend zum Demagogen. (Das gibt  hier, ein Journalist zum Besten). Psychologisch gesehen, könnte man meinen, dass Draghi sich auch nicht mehr so ganz sicher fühlt, wenn er eine offene Diskussion zu diesem Thema möglichst nicht zulässt. Schließlich geht es ja nicht nur um den deutschen Steuerzahler, sondern es geht um Europa, wo es bereits in den Fugen merklich kracht. Griechenland und andere fallierende Staaten bis nach Frankreich (das in der Gesamtproblematik schon an beachtlicher zweiter Position liegt) gehen weite Kreise in Europa und Deutschland an und auf die Nerven, ohne dass die Leute auf die 1000 offenen Fragen ausreichende Antworten bekommen. Da muss jetzt auch noch der andere große Euro-Stratege zitiert werden, Jean-Claude Juncker, der alles andere als ein Merkel- sprich ein Deutschland-Freund ist. Er kommt allerdings auf leiseren Sohlen daher, weiß sich mindestens dreisprachig gut auszudrücken. Nur darf sich keiner auf irgendetwas aus dieser Richtung nachhaltig verlassen.

Das ist in Frankreich ganz anders. Sie lieben Angela Merkel und sie schmiegt sich an Hollandes Hals (je suis Charlie / Wo sind wir eigentlich, Frau Kanzlerin?).  Frankreich kostet noch mehr als Griechenland. Da könnte man jetzt alle Staaten mehr oder weniger elegant durchhecheln. Darum geht es aber nicht. Es wird Zeit, dass Deutschland irgendwann ein zügiges Konzept entwickelt für Europa, in dem nicht nur das Geld zusammenhält (über die gegenseitige Ausbeutung) sondern die Staaten und die Völker zusammen halten und gleiche Gesetze genau einhalten. Als Erstes sollten auch die Zentralbankratsmitglieder der EZB wohl verstandene und gut gemeinte Strategien konzipieren und sich darüber – Ergebnis offen und öffentlich – einvernehmlich austauschen. Jens Weidmann will sich da einbringen. Michael Bests Bemerkungen gehen in diese Richtung.

Deutschland muss sich an die Spitze der Entwicklung setzen. Sonst geht es wie dem Bundestagsboten in „Mainz bleibt Mainz“, Jürgen Dietz, der kürzlich leider verstorben ist:

„Deutschland, Deutschland über alles, über alles wächst mal Gras. Ist das Gras ein Stück gewachsen, frisst’s ein Schaf und sagt, das war’s.“

Christoph Wehnelt