IMK-Konjunkturprognose:
Containerschiffe liegen im Hafen. Im Vordergrund ist eine Straßenkreuzung zu sehen.

BIP schrumpft 2024 um 0,2 Prozent im Jahresmittel, 2025 Miniwachstum um 0,1 Prozent

Düsseldorf (18.12.24) – Die deutsche Wirtschaft schrumpft in diesem Jahr erneut leicht und kann sich auch 2025 nicht aus der Stagnation lösen. Das liegt an einer verhaltenen Nachfrage aus dem Ausland, einer trotz erster Zinssenkungen nach wie vor zu straffen Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB), weiterhin relativ hohen Energiepreisen und an der hohen Unsicherheit über die künftige Wirtschaftspolitik in der Bundesrepublik. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) wird im Jahresdurchschnitt 2024 um 0,2 Prozent sinken. Im nächsten Jahr hellt sich die Situation nur geringfügig auf. Der private Konsum legt zwar moderat und der Staatskonsum deutlicher zu, auch die Exportentwicklung dreht wieder ins Plus (detaillierte Zahlen unten). Das reicht aber 2025 lediglich für ein Wirtschaftswachstum um 0,1 Prozent. Zu diesem Ergebnis kommt das Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der Hans-Böckler-Stiftung in seiner neuen Konjunkturprognose.

Die stagnative Entwicklung, die nun seit mehreren Jahren anhält, drückt spürbar auf den Arbeitsmarkt. Die Zahl der Erwerbstätigen nimmt in diesem Jahr zwar noch um 0,2 Prozent zu. Gleichzeitig steigt allerdings auch die Arbeitslosigkeit weiter: im Jahresmittel 2024 um rund 180.000 Personen. 2025 sinkt dann die Zahl der Erwerbstätigen um 0,2 Prozent, die Zahl der Arbeitslosen erhöht sich um weitere 160.000 Personen. Die Arbeitslosenquote beträgt 6,0 Prozent und 6,3 Prozent – nach 5,7 Prozent 2023. Einer der wenigen Lichtblicke ist die Preisentwicklung: Die Inflationsrate wird laut IMK-Prognose im Jahresdurchschnitt 2024 mit 2,2 Prozent wieder nahe am Inflationsziel der EZB liegen und es mit 2,0 Prozent im Jahresmittel 2025 erreichen.

Gegenüber seiner vorherigen Prognose vom September nimmt das IMK die Wachstumserwartung beim BIP für dieses Jahr leicht um 0,2 Prozentpunkte und für 2025 spürbar um 0,6 Prozentpunkte zurück. Das wird unterstrichen durch neue Werte des IMK-Konjunkturindikators: Für den Zeitraum von Dezember 2024 bis Ende Februar 2025 weist der Indikator ein Rezessionsrisiko von 48,7 Prozent aus.

„Wir müssen raus aus dem Kreislauf der Belastung und Verunsicherung, in dem Wirtschaft und Gesellschaft nun schon seit mehreren Jahren stecken“, sagt Prof. Dr. Sebastian Dullien, der wissenschaftliche Direktor des IMK zum neuen Ausblick. „Viele Beschäftigte haben 2024 zwar durch kräftige Lohnzuwächse bei gesunkener Inflation einen beträchtlichen Teil ihrer Kaufkraftverluste aus der Zeit der Teuerungswelle wieder wettmachen können. Trotzdem zögern viele angesichts schlechter Nachrichten, ihr Geld auszugeben. Auch die EZB ist sehr vorsichtig und hält die Zinsen auf einem Niveau, das die Wirtschaft unnötig stark bremst. Und Unternehmen, vor allem aus der Industrie, scheuen dringend notwendige Investitionen angesichts relativ hoher Energiepreise und von erstarkter Konkurrenz, insbesondere aus China“, so Dullien.ut. Dazu gehört es, Klarheit über die mittelfristige wirtschafts- und industriepolitische Unterstützung der Transformation zu schaffen.
Prof. Dr. Sebastian Dullien, wissenschaftlicher Direktor IMK

Arbeitsmarkt

Die schwache konjunkturelle Dynamik bremst die lange Zeit positive Entwicklung der Erwerbstätigkeit aus. Die Zahl der Erwerbstätigen legt 2024 jahresdurchschnittlich um rund 100.000 Personen oder 0,2 Prozent zu. 2025 nimmt die Erwerbstätigkeit hingegen um 0,2 Prozent ab. Die Arbeitslosigkeit steigt in beiden Jahren. Bei den Arbeitslosenzahlen prognostiziert das IMK im Jahresdurchschnitt 2024 einen Anstieg um 180.000 Personen, so dass im Jahresmittel rund 2,79 Millionen Menschen arbeitslos sein werden. Das entspricht einer Quote von 6,0 Prozent. Für 2025 veranschlagen die Forschenden eine weitere Zunahme der Arbeitslosigkeit um rund 160.000 Personen auf knapp 2,95 Millionen Personen und eine Quote von 6,3 Prozent.

Weltwirtschaft und Außenhandel

Die Weltwirtschaft wächst 2024 und 2025 recht verhalten um 3,3 bzw. 3,0 Prozent. Die deutschen Exporte erhalten von wichtigen Handelspartnern nur schwache Impulse, auch weil die aktuell international stärker nachgefragten Güter im deutschen Exportportfolio keine große Rolle spielen: Im Jahresdurchschnitt 2024 sinken die Ausfuhren um 1,1 Prozent, 2025 wachsen sie um 1,0 Prozent. Auch die Importe gehen 2024 zurück, um 0,4 Prozent in Jahresdurchschnitt. Im kommenden Jahr steigen die Einfuhren um 2,4 Prozent. Der deutsche Leistungsbilanzüberschuss dürfte 2024 bei 6,3 Prozent und 2025 bei 5,8 Prozent des BIP liegen.

Investitionen

Die Ausrüstungsinvestitionen gehen laut IMK-Prognose im Jahresdurchschnitt 2024 um 5,7 Prozent zurück. 2025 sinken sie noch einmal, wenn auch nur geringfügig um 0,2 Prozent. Auch die Bauinvestitionen setzen ihre Negativentwicklung fort: Nach einem Rückgang um 3,7 Prozent im Jahresdurchschnitt 2024 fallen sie 2025 noch einmal um jahresdurchschnittlich 2,0 Prozent. Dabei spielt auch eine Rolle, dass die öffentlichen Investitionen nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Klima- und Transformationsfonds vom November 2023 und angesichts der angespannten Haushaltslage 2025 rückläufig sind.

Privater Konsum

Nach den Verlusten in der Hochinflationsphase legen die Realeinkommen 2024 deutlich zu, unter anderem durch kräftige Zuwächse bei nominalen Tariflöhnen, sinkende Inflation und die leicht steigende Erwerbstätigkeit. Gleichwohl stagniert der private Konsum mit einem durchschnittlichen Plus von nur 0,1 Prozent in diesem Jahr praktisch. Für 2025 erwartet das IMK dann bei weiter, wenn auch weniger stark, steigenden Einkommen und noch einmal sinkender Inflation ein allmähliches Nachlassen der Konsumzurückhaltung. Allerdings fällt der Zuwachs der privaten Konsumausgaben mit 0,7 Prozent im Jahresdurchschnitt 2025 nur moderat aus. Stärker wächst der Staatskonsum, wenn auch mit rückläufiger Tendenz: 2024 um durchschnittlich 2,3 Prozent und 2025 um 1,8 Prozent.

Inflation und öffentliche Finanzen

Für 2024 rechnet das IMK mit einer durchschnittlichen Teuerungsrate von 2,2 Prozent. 2025 beruhigt sich das Inflationsgeschehen noch weiter, im Jahresmittel liegt die Teuerungsrate bei 2,0 Prozent und damit beim EZB-Inflationsziel.

Die Steuereinnahmen sowie die Einnahmen aus Sozialbeiträgen steigen 2024 und 2025, allerdings bremst die schwächelnde Konjunktur die Dynamik erheblich, zudem geht das IMK für 2025 von einem Ausgleich der kalten Progression durch die Bundesregierung aus. Das Defizit der öffentlichen Budgets sinkt gleichwohl. 2024 werden die gesamtstaatlichen Haushalte ein Defizit von 2,5 Prozent aufweisen nach 2,6 Prozent 2023. Für das kommende Jahr geht das IMK von einem weiteren Rückgang auf 2,0 Prozent im Jahresdurchschnitt aus.