Bafin:

Gestärkt nach der Zinswende

Ergebnisse des LSI-Stresstests 2024

Bonn (7.10.24) – Die Rentabilität der kleinen und mittelgroßen Banken und Sparkassen in Deutschland (Less Significant Institutions – LSI) hat sich im Jahr 2023 deutlich verbessert. Die Institute kommen mit einer gestärkten Ertragslage aus der Zinswende, haben ihre Kapitalausstattung weiter erhöht und zeigen sich auch für ein hartes Krisenszenario gewappnet. Das haben der LSI-Stresstest und die parallel durchgeführte Umfrage ergeben, die in diesem Jahr zum sechsten Mal von der Finanzaufsicht BaFin und der Deutschen Bundesbank durchgeführt wurden.

„Die Ausgangslage der Banken ist besser geworden. Die meisten Institute sind gut kapitalisiert und können die sehr anspruchsvollen Herausforderungen des diesjährigen Stresstests meistern“, sagte Raimund Röseler, BaFin-Exekutivdirektor Bankenaufsicht, bei der Vorstellung der Stresstest-Ergebnisse in Frankfurt. Das im Stresstest angenommene Szenario war deutlich herausfordernder als bei der vergangenen Übung vor zwei Jahren. Im Ergebnis führte der Schock im Aggregat zu einer Verschlechterung der harten Kernkapitalquote um 3,7 Prozentpunkte auf 14,5 Prozent. Der Stresseffekt wurde dabei maßgeblich durch Adress- und Marktrisiken getrieben.

Im Stresstest-Szenario bekommt eine mittlere zweistellige Zahl von Instituten Schwierigkeiten. Diese Institute liegen bei einem deutlichen wirtschaftlichen Abschwung unterhalb der aufsichtlichen Kapitalanforderung. Die Zahl der betroffenen Institute ist etwa doppelt so hoch wie im LSI-Stresstest 2022 – hauptsächlich aufgrund der schärferen Vorgaben des Szenarios.

„Die Institute sollten ihre Kapitalausstattung weiter stärken und ihre solide Ausgangslage nicht ohne Not aufgeben. Die wirtschaftliche Situation ist nach wie vor unsicher. Die Ausreißer werden wir sehr eng begleiten. Wenn nötig werden wir mit aufsichtlichen Maßnahmen frühzeitig gegensteuern“, betonte Röseler.

Nach Erkenntnissen aus der Umfrage zur aktuellen und zukünftigen Ergebnislage und Risikosituation planen die Institute auch mit zunehmenden Wertberichtigungen. Die Banken und Sparkassen sind weiterhin dazu bereit, zusätzliche Risiken in ihre Bücher zu nehmen und ihre Kreditvergabe zu erhöhen. Das harte Kernkapital steigt in ihren Planungen allerdings stärker als die risikogewichteten Aktiva, was zu einem moderaten Anstieg der harten Kernkapitalquoten führt und somit der stärkeren geplanten Risikonahme mehr als Rechnung trägt.

„Unsere Analyse zeigt, dass der überwiegende Teil der Banken und Sparkassen bei Gewerbeimmobilien wenig optimistisch bleibt. Dieses Segment wird auch weiter fest im Blick der Aufsicht liegen“, sagte Michael Theurer, das für die Bankenaufsicht zuständige Vorstandsmitglied der Deutschen Bundesbank. Besser ist der Ausblick bei Wohnimmobilien, allerdings werden bei energetisch sanierungsbedürftigen Gebäuden rückläufige Marktwerte erwartet. Als größte Herausforderungen sehen Banken und Sparkassen die Personalgewinnung, die verschärfte Konkurrenz um Einlagen sowie die Eintrübung des wirtschaftlichen Umfelds. „Insbesondere die Herausforderungen durch den demographischen Wandel werden auch den Bankensektor nachhaltig prägen. Hier ist es wichtig für die Institute, rechtzeitig und vorausschauend zu reagieren“, so Theurer.

Am Stresstest der Deutschen Bundesbank und der BaFin nahmen 1.200 kleine und mittelgroße deutsche Kreditinstitute teil. Die teilnehmenden Institute umfassen rund 91 Prozent aller Kreditinstitute in Deutschland und machen rund 40 Prozent der aggregierten Bilanzsummen aus. Die Ergebnisse des Stresstests fließen in die Aufsichtstätigkeit von Bundesbank und BaFin ein.

Ergebnislage

In der Umfrage haben BaFin und Bundesbank die institutseigenen Plan- und Prognosedaten erhoben. Zudem haben die Kreditinstitute für fünf von der Aufsicht vorgegebene Zinsszenarien Ergebnissimulationen für den Zeitraum von 2024 bis 2028 durchgeführt. Dabei gingen die Institute von einer statischen Bilanzannahme aus, was bedeutet, dass sie ihre Portfolien nicht anpassen konnten.

Szenario Zinsstrukturkurve Bilanzannahme
1 Planszenario Institutsindividuelle Annahmen dynamisch
2 Konstantes Zinsniveau +/-0 bp per 01.01.2024 statisch
3 Positiver Zinsschock +200 bp per 01.01.2024 statisch
4 Negativer Zinsschock -100 bp per 01.01.2024 statisch
5 Gradueller Zinsanstieg +40 bp pro Jahr jeweils zum 01.01. statisch
6 Inverse Drehung +200 bp bis -60 bp per 01.01.2024 statisch

Tabelle 1: Methodische Vorgaben und Zinsszenarien in der Umfrage (2024 – 2028); bp steht für Basispunkte

Auf Grundlage ihrer eigenen Plan- und Prognosedaten gaben die befragten Kreditinstitute im zweiten Quartal 2024 an, dass sie in fünf Jahren mit einer um 45 % gestiegenen Gesamtkapitalrentabilität (2022: +18 %) rechnen. Die Gesamtkapitalrentabilität ist definiert als Jahresüberschuss vor Steuern im Verhältnis zur Bilanzsumme. Diese sehr positive Prognose basiert allerdings auf der optimistischen Annahme mittel- bis langfristig konstanter oder sogar leicht steigender Zinsen.

Widerstandsfähigkeit

Im Durchschnitt rechnen die Institute mit einem Anstieg der harten Kernkapitalquote von 18,2 % auf 19,4 % bis zum Jahr 2028. Dies planen die Institute trotz der stärkeren Zunahme der risikogewichteten Aktiva, was auf ein wachsendes Geschäftsvolumen und eine höhere Risikonahme zurückzuführen ist.

Stresstest zur Bestimmung der aufsichtlichen Eigenmittelempfehlung

Im Stresstest wird die Widerstandsfähigkeit von Instituten unter adversen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen untersucht und die Auswirkungen auf die Kapitalausstattung der Institute abgeschätzt. Hierbei simulierten die Banken und Sparkassen ihre Ertragslage und Widerstandsfähigkeit für die Jahre 2024 bis 2026, und zwar jeweils in einem von der Aufsicht vorgegebenen Basis- und Stressszenario. Das Stressszenario sieht dabei eine massive Wirtschaftseintrübung vor, in deren Verlauf unter anderem Zinsänderungs-, Kredit- und Marktpreisrisiken auftreten. Weitere Positionen der Gewinn- und Verlustrechnung der Banken wurden auf Basis historischer Werte, zum Teil mit Abschlägen, fortgeschrieben.

Ziel der Aufsicht war es festzustellen, ob die Eigenmittelausstattung der Kreditinstitute über einen dreijährigen Zeitraum auch in einem Stressszenario ausreichend ist. Im Aggregat verfügen kleine und mittelgroße Institute in Deutschland nach einem Kapitalrückgang von 3,7 Prozentpunkten (stärkster Rückgang der CET1-Quote innerhalb des dreijährigen Szenario-Horizonts) noch immer über eine harte Kernkapitalquote von 14,5 % und damit über eine solide Kapitalbasis.

Der Stresstest zeigt die Verwundbarkeiten jedes einzelnen Instituts. Die im Stresstest aufgedeckten Risiken werden zur Bemessung der aufsichtlichen Eigenmittelempfehlung herangezogen. Das Unterschreiten dieser ist eine wertvolle Frühwarnschwelle für die Aufsicht. Besonders anfällige Institute werden bereits frühzeitig einer noch intensiveren Aufsicht unterworfen. Das trägt zur weiteren Stärkung der Stabilität des deutschen Bankenmarktes bei.