IMK:
BIP STEIGT 2024 UM 0,1 PROZENT, 2025 UM 0,9 PROZENT
Düsseldorf (19.6.24) – Die deutsche Konjunktur kann sich langsam aus ihrer Schwächephase lösen. In diesem Jahr wird das Bruttoinlandsprodukt (BIP) um durchschnittlich 0,1 Prozent wachsen, im nächsten um 0,9 Prozent. Positive Impulse für die Wirtschaftsentwicklung kommen vor allem vom privaten Konsum als Folge von gesunkener Inflation und höheren Lohnabschlüssen. Ab der zweiten Hälfte 2024 ziehen auch die Exporte und die Ausrüstungsinvestitionen an. Zu diesem Ergebnis kommt das Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der Hans-Böckler-Stiftung in seiner neuen Konjunkturprognose. Die Situation auf dem Arbeitsmarkt ist stabil, die Zahl der Erwerbstätigen nimmt in diesem Jahr um durchschnittlich 0,2 Prozent und 2025 um 0,1 Prozent zu. Bei leicht wachsendem Arbeitskräfteangebot steigt allerdings gleichzeitig auch die Arbeitslosigkeit leicht: im Jahresmittel 2024 um rund 150.000 Personen und 2025 um weitere 35.000. Die Arbeitslosenquote beträgt 5,9 Prozent und 6,0 Prozent – nach durchschnittlich 5,7 Prozent 2023. Die Inflationsrate wird im Jahresdurchschnitt 2024 mit 2,4 Prozent wieder nahe am Inflationsziel der Europäischen Zentralbank (EZB) liegen und es mit 2,0 Prozent im Jahresmittel 2025 erreichen.
Gegenüber seiner vorherigen Prognose vom März hebt das IMK die Wachstumserwartung beim BIP für dieses Jahr um 0,4 Prozentpunkte und für 2025 um 0,1 Prozentpunkte an. Hintergrund für den etwas positiveren Ausblick sind in erster Linie technische Gründe: Das Bruttoinlandsprodukt im ersten Quartal 2024 ist höher ausgefallen als erwartet, außerdem hat das Statistische Bundesamt den BIP-Verlauf für das vergangene Jahr nach oben revidiert, sodass sich nun eine verbesserte Ausgangslage für die deutsche Wirtschaft ergibt. Darüber hinaus verbessern sich auch die Rahmenbedingungen insgesamt leicht: Der Welthandel dürfte in diesem Jahr um 3 Prozent zunehmen, im nächsten Jahr um 3,5 Prozent. Die Europäische Zentralbank, die auf ihrer Sitzung im Juni erste Zinssenkungen beschlossen hat, wird diesen Kurs wohl fortsetzen. Für Ende 2024 rechnen die Ökonom*innen mit einem EZB-Einlagenzins von drei Prozent. Die Finanzpolitik des deutschen Staates allerdings werde einen „merklich restriktiven“ Charakter haben, unter anderem, weil Maßnahmen zur Abfederung der Energiekrise auslaufen: Die gesamtstaatlichen Einnahmen nehmen 2024 um 3,9 Prozent und 2025 um 4,6 Prozent zu, die Ausgaben um 3,7 und 2,7 Prozent.
Als „Motor der Konjunktur“ dürfte sich der private Verbrauch erweisen, erwarten die IMK-Forschenden. Laut ihren Berechnungen legen die Bruttolöhne und -gehälter dank leicht steigender Beschäftigung und dynamischer Lohnzuwächse in diesem Jahr nominal um 5,2 Prozent und im nächsten Jahr um 3,7 Prozent zu. Allerdings wird es noch einige Monate dauern, bis die privaten Konsument*innen das „Vorsichtsprinzip“ ablegen, das sich viele in der Phase hoher Inflation angewöhnt haben. Infolgedessen wird die Sparquote zunächst noch leicht steigen, dann wieder sinken. Der reale private Konsum wird 2024 um 0,7 Prozent und 2025 um 1,9 Prozent steigen und damit gesamtwirtschaftlich jeweils den „maßgeblichen Wachstumsbeitrag“ liefern.
Als mögliche Risiken für die verhalten positive Entwicklung nennt das IMK weitere Eskalationen der Kriege in der Ukraine und Nahost sowie Handelskonflikte zwischen den USA, China und dem Euroraum. Es könnte aber auch besser als erwartet laufen – wenn es zwischen Russland und der Ukraine oder Israel und der Hamas zu Verhandlungslösungen kommen sollte.
Kerndaten der Prognose für 2024 und 2025 (siehe auch die Tabelle in der pdf-Version dieser PM; Link unten)
Arbeitsmarkt
Die schwache, aber positive konjunkturelle Dynamik bringt ein leichtes Wachstum der Erwerbstätigkeit. Die Zahl der Erwerbstätigen legt 2024 jahresdurchschnittlich um 0,2 Prozent und 2025 noch um 0,1 Prozent zu. Gleichzeitig wächst die Arbeitslosigkeit leicht. Bei den Arbeitslosenzahlen prognostiziert das IMK im Jahresdurchschnitt 2024 einen Anstieg um rund 150.000 Personen, so dass im Jahresmittel rund 2,76 Millionen Menschen arbeitslos sein werden. Das entspricht einer Quote von 5,9 Prozent. Für 2025 veranschlagen die Forschenden eine weitere geringfügige Zunahme der Arbeitslosigkeit um rund 35.000 auf knapp 2,8 Millionen Personen und eine Quote von 6,0 Prozent.
Weltwirtschaft und Außenhandel
Die Weltwirtschaft erholt sich 2024 und 2025 moderat, auch weil die Inflation global gesunken ist und weitere Zinssenkungen der Notenbanken in Aussicht stehen. Das Wirtschaftswachstum im Euroraum steigt von 0,7 Prozent 2024 auf 1,4 Prozent im kommenden Jahr. Die BIP-Entwicklung in den USA verlangsamt sich zwar, allerdings auf vergleichsweise hohem Niveau: 2024 legt die US-Wirtschaft um 2,2 Prozent und 2025 um 1,7 Prozent zu. Die deutschen Exporte erhalten so etwas stärkere Impulse von wichtigen Handelspartnern, was sich allerdings erst im kommenden Jahr im Durchschnittswert der Statistik niederschlägt: Im Jahresdurchschnitt 2024 sinken die Ausfuhren noch minimal um 0,2 Prozent, 2025 legen sie dann um 2,9 Prozent zu. Die Importe sinken in diesem Jahr um durchschnittlich 1,1 Prozent, im kommenden Jahr steigen sie um 4,0 Prozent.
Investitionen
Die Ausrüstungsinvestitionen werden laut IMK-Prognose zunächst nur verhalten, dann aber zunehmend kontinuierlich ausgeweitet. Ähnlich wie bei den Exporten schlägt sich die Erholung 2024 statistisch zwar im Verlaufswert nieder, aber noch nicht im Durchschnitt, der 2024 negativ bleibt: Im Jahresmittel gehen die Investitionen um 2,0 Prozent zurück, was allerdings auch mit einem statistischen Sondereffekt aus 2023 zusammenhängt. Im kommenden Jahr legen sie hingegen um 3,1 Prozent zu. Dazu tragen die anziehenden Ausfuhren ebenso bei wie Investitionen in Klimaschutz und die Modernisierung von Energieversorgung und Produktion. Ein weiterer Faktor sind die wachsenden Ausgaben für Verteidigung, die als öffentliche Investitionen verbucht werden. Die Bauinvestitionen sinken wegen hoher Kosten und Zinsen weiter. Nach einem Rückgang um 2,0 Prozent im Jahresdurchschnitt 2024 fallen sie 2025 noch einmal um jahresdurchschnittlich 1,8 Prozent, wobei sich im Jahresverlauf eine leichte Belebung andeutet.
Privater Konsum
Bei gesunkener Inflation und stärkeren nominalen Lohnsteigerungen, unter anderem durch höhere Tarifabschlüsse, und bei leicht steigender Erwerbstätigkeit steigen die real Verfügbaren Einkommen der Haushalte wieder. Für 2024 und 2025 erwartet das IMK einen Zuwachs um jeweils 1,2 Prozent im Jahresdurchschnitt. Das wirkt positiv auf den Konsum. Die privaten Konsumausgaben wachsen im Jahresmittel 2024 real um 0,7 Prozent. 2025 legen sie um 1,9 Prozent zu.
Inflation und öffentliche Finanzen
Für 2024 rechnet das IMK mit einer durchschnittlichen Teuerungsrate von 2,4 Prozent. 2025 beruhigt sich das Inflationsgeschehen noch weiter, im Jahresmittel liegt die Teuerungsrate bei 2,0 Prozent.
Die Steuereinnahmen steigen 2024 eher langsam, nicht zuletzt als Folge verschiedener steuerlicher Entlastungen. 2025 nehmen sie dann etwas stärker zu. Das öffentliche Budget wird 2024 ein Defizit von 2,3 Prozent aufweisen. Für das kommende Jahr geht das IMK für die öffentlichen Finanzen von einem restriktiveren Kurs aus. Das bremst die Konjunktur, lässt aber kurzfristig auch das Defizit weiter sinken auf 1,4 Prozent im Jahresdurchschnitt 2025.