Coface zur Türkei: Staat puscht Wirtschaft – Aber anfällig
für externe Faktoren – Coface-Prognose bei 5,2 Prozent
Mainz (11.1.18) – Die türkische Wirtschaft legte in den ersten drei Quartalen 2017 mit 7,4 Prozent ein starkes Wachstum hin und übertraf die Erwartungen deutlich. Der Kreditversicherer Coface sieht aber weiter Schwachpunkte und Risiken: zunehmende Abhängigkeit von globalen Finanzinvestoren, schwankende Wechselkurse und steigende Inflation. Bei steigenden Zinsen könnte zudem der starke private Konsum einbrechen. Für das Gesamtjahr 2017 dürfte das Wachstum 6,5 Prozent betragen, für 2018 erwartet Coface 5,2 Prozent.
Einer der größten Treiber war der Staat. Mit dem Credit Guarantee Fund (CGF) unterstützt die Regierung kleine und mittlere Unternehmen. Sein Volumen wuchs auf fast 64 Mrd. Dollar (250 Mrd. Türkische Lira) an. Über den Fonds wirkt der Staat faktisch als Garantiegeber für Kredite. Die Investitionen stiegen in den ersten neun Monaten 2017 gegenüber 2,7 Prozent von Januar bis September 2016 um 7,9 Prozent an. Dazu trugen Bauinvestitionen bei, die im dritten Quartal um 12 Prozent stiegen, und vor allem die plus 15,3 Prozent Investitionen in Maschinen und Ausrüstungen. Auch der private Konsum legte zu, besonders für langlebige Verbrauchsgüter. Hier wirkten Steuersenkungen stimulierend. Der Export von Waren und Dienstleistungen stieg um 13 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum.
Trotz der positiven Entwicklung bleibt die türkische Wirtschaft anfällig. Besonders das strukturelle Finanzierungsdefizit ist eine große Gefahr. Das CGF-Programm stimulierte die Banken zu Kreditvergaben, deren Kredit-Einlagen-Verhältnis stieg in der zweiten Jahreshälfte 2017 auf 125 Prozent. Damit erhöhten sich nicht nur die direkten Bankrisiken, sondern auch die Wechselkursrisiken. Das ist verbunden mit dem aktuellen Leistungsbilanzdefizit. Die Situation könnte sich zuspitzen, wenn die Türkei noch mehr kurzfristiges Kapital aufwenden müsste, um das externe Defizit zu decken.
Zudem muss die Türkei steigende Zinsen fürchten, weil damit die Investitionsdynamik eingebremst würde. Vor diesem ökonomischen Hintergrund und aufgrund der Schwäche der türkischen Lira gegenüber dem US-Dollar und dem Euro dürfte sich der Inflationsdruck auf Verbraucherpreise und Produktionskosten weiter erhöhen. Steigende Preise und Steuern in Verbindung mit einer schwächeren Landeswährung würden aber letztlich die Kaufkraft schwächen und den privaten Konsum bremsen.