Roland Berger: Energiekrise, hohe Inflation und steigende Zinsen – Unternehmen sind auf externe Schocks nicht vorbereitet
Hamburg (26.9.22) – Pandemie, Ukrainekrieg, Versorgungsengpässe, Inflation – Unternehmen sehen sich parallel mit diversen Krisen konfrontiert. Zudem müssen Firmen ihre Digitalisierung vorantreiben und den gestiegenen ESG-Anforderungen nachkommen. Diese vielfältigen Herausforderungen spiegeln sich auch in der aktuellen “ Restrukturierungsstudie 2022 “ von Roland Berger wider: 92 Prozent der befragten Experten und Expertinnen erwarten eine Zunahme der Restrukturierungsfälle. Mehr als die Hälfte sieht die Unternehmen nur bedingt oder gar nicht auf exogene Schocks vorbereitet. An der Studie nahmen mehr als 650 Experten und Expertinnen aus dem Bankwesen, der Sanierungsberatung und der Insolvenzverwaltung aus Deutschland, Österreich und der Schweiz teil.
„Die Unternehmen stehen vor einer äußerst schwierigen Gemengelage.
Rekordpreise für Material und Energie, steigende Zinsen, die hohe
Inflation sowie fragile Lieferketten setzen den Firmen zu“, sagt
Sascha Haghani, Leiter der globalen Plattform Restructuring,
Performance, Transformation & Transaction (RPT) und Geschäftsführer
DACH bei Roland Berger. „Über zusätzliche Effizienzsteigerungen ist
es für Organisationen in diesem Umfeld kaum möglich, ihre Kosten
abzudecken. Sie kommen nicht umhin, mit
ihren Kunden über Preissteigerungen zu verhandeln.“
Weitergabe gestiegener Preise nicht immer durchsetzbar
Waren in den letzten Jahren stets disruptive Innovationen und die
digitale Transformation der Hauptgrund für einen Anpassungsbedarf in
vielen Branchen, so sind es heute die massiv gestiegenen Energie- und
Rohstoffkosten. Umfangreiche Preisanpassungen sind vor allem bei
kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) bei fehlender Marktmacht
meist schwer durchsetzbar. Die Folge: Sie laufen Gefahr, in die
nächste finanzielle Krise zu rutschen. „Um die Kostensteigerungen bei
Rohstoffen, Energie, aber auch
Personal zu kompensieren, müssten Unternehmen zur Margenabsicherung
ihre Preise in diesem Jahr um durchschnittlich sieben Prozent
erhöhen“, sagt Gerd Sievers, Co-Head der Plattform RPT. Als größte
Risiken sehen die in der Studie befragten Experten und Expertinnen
steigende Rohstoff- und Energiepreise, die allgemein hohe Inflation
(68%) sowie geopolitische Veränderungen (65%). „Eine sich
verfestigende Energiekrise in Kombination mit einem Einbruch der
Nachfrage führt die deutsche Wirtschaft in
ein dauerhaftes Stressszenario und es droht eine Rezession“, führt
Sievers fort. Hinzu kommt der anhaltende Fachkräftemangel, der sich
seit der Corona-Pandemie weiter verschärft.
Automobilindustrie mit größtem Restrukturierungsbedarf –
Energiesektor kämpft mit Liquiditätsrisiken
Einige Branchen trifft es besonders hart. Den größten
Anpassungsbedarf sehen die Befragten in der Automobilindustrie. Die
Krisen der letzten beiden Jahre verschärfen die Situation der ohnehin
schwierigen Transformation der Branche, vor allem für Zulieferer.
Auch die Energiebranche steht nach Meinung der Experten und
Expertinnen vor einem grundlegenden Wandel. Obwohl die massiv
gestiegenen Strompreise in den letzten Monaten zu satten
Gewinnsteigerungen geführt haben, müssen Versorger gleichzeitig
ein noch nie da gewesenes Liquiditätsrisiko managen. Der Grund:
Strenge Vorgaben bei Termingeschäften an den Energiebörsen bei der
Eindeckung oder Vermarktung eines Stromportfolios. Als
Sicherheitsleistung müssen Versorger liquide Mittel hinterlegen. Auch
der Einzelhandel steht weiter im Fokus. Nach zwischenzeitlichen
Geschäftsschließungen während der Pandemie haben beide Branchen nun
mit eingeschränkter Warenverfügbarkeit, Kostensteigerungen und
sinkender Kaufkraft ihrer Kunden zu kämpfen. Für
alle Branchen gilt: Sie agieren in einem Umfeld, in dem keine
schnelle konjunkturelle Erholung unwahrscheinlich ist: Mehr als die
Hälfte der Befragten erwartet 2023/2024 ein stagnierendes oder gar
rückläufiges Bruttoinlandsprodukt in Deutschland.
Krisenfrüherkennung durch aktives Risikomanagement und Szenario
Planung
Trotz multipler Krisen dürfen Unternehmen die notwendige
Transformation nicht aus den Augen verlieren. Dekarbonisierung und
Digitalisierung bleiben auf der Management-Agenda. Die Befragten sind
sich daher einig: Unternehmen müssen sich proaktiv mit potenziellen
Krisenszenarien auseinandersetzen und frühzeitig geeignete Strategien
und Maßnahmen für den Umgang mit Krisen entwickeln. Zur Schaffung der
nötigen Transparenz ist für jeden zweiten Studienteilnehmer die
Etablierung eines dedizierten
Risikomanagements zur Krisenfrüherkennung deshalb unabdingbar. Ebenso
wichtig ist für die Befragten die Sicherung der Lieferketten, etwa
durch die Schaffung alternativer Bezugsquellen oder die Rückkehr zu
einer vertikalen Integration der Wertschöpfungskette. Allerdings:
„Lineare Planungsansätze bilden die Realität nicht mehr adäquat ab.
Unternehmen müssen mithilfe von Szenarioanalysen die verschiedenen
Risikopotenziale aufdecken, um Planungen flexibler anpassen zu
können. So können Unternehmen
gegenüber (künftigen) Krisen robuster werden und die gestiegene
Komplexität besser bewältigen“, erklärt Haghani.
Roland Berger
Roland Berger ist die einzige Strategieberatung europäischer Herkunft
mit einer starken internationalen Präsenz. Als unabhängige Firma, im
alleinigen Besitz unserer Partnerinnen und Partner, sind wir mit 51
Büros in allen wichtigen Märkten präsent. Unsere 2700
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zeichnet eine einzigartige
Kombination aus analytischem Denken und empathischer Einstellung aus.
Angetrieben von unseren Werten Unternehmergeist, Exzellenz und
Empathie sind wir überzeugt davon, dass
Wirtschaft und Gesellschaft ein neues, nachhaltiges Paradigma
benötigen, das den gesamten Wertschöpfungskreislauf im Blick hat.
Durch die Arbeit in kompetenzübergreifenden Teams über alle
relevanten Branchen und Geschäftsfunktionen hinweg bietet Roland
Berger weltweit die beste Expertise, um die tiefgreifenden
Herausforderungen unserer Zeit heute und morgen erfolgreich zu
meistern.