Ernst & Young EY: Deutscher Neuwagenmarkt wächst leicht, bleibt aber deutlich unter Vorkrisenniveau

Stuttgart (5.9.22) – Die wichtigsten Entwicklungen auf dem deutschen Neuwagenmarkt im August 2022:

–        Im August wurden in Deutschland erstmals seit Februar wieder mehr Pkw neu zugelassen als im Vorjahresmonat: Um 3 Prozent lagen die Neuzulassungen über dem Niveau von August 2021.

–        Eine Trendwende ergibt sich daraus allerdings nicht. Denn der Anstieg ergibt sich aus dem sehr niedrigen Vorjahresniveau – im Spätsommer 2021 hatte der Chipmangel den deutschen Neuwagen mit voller Wucht erfasst und für deutliche Absatzrückgänge gesorgt.

–        Nach wie vor liegen die Neuzulassungen erheblich – um 37 Prozent – unter dem Vorkrisenniveau von 2019.

–        Auch in anderen wichtigen europäischen Märkten ergaben sich im August Zuwächse: In der Schweiz kletterten die Neuzulassungen um 0,4 Prozent, in Österreich um 1 Prozent, in Frankreich um 4 Prozent, in Spanien um 9 Prozent und in Italien um 10 Prozent.

–        „Die Lieferengpässe halten an, von einer echten Erholung des Marktes kann keine Rede sein“, sagt Peter Fuß, Partner bei EY. „Allerdings dürften wir auch in den kommenden Monaten ein leichtes Wachstum im Vergleich zum sehr schwachen Vorjahr sehen. Zudem wird sich die Verfügbarkeit von Halbleitern langsam verbessern. Wenn sich die Lage auf der Angebotsseite langsam entspannt, wird sich zeigen, wie hoch die Nachfrage noch ist. Denn die Inflation, die drohende Rezession und die ungewisse Entwicklung auf dem Energiemarkt werden die Kaufbereitschaft voraussichtlich spürbar dämpfen.“

–        Noch aber ist die Auftragslage gut – daher wird sich vorerst wohl auch nichts an den hohen Preisen ändern, erwartet Fuß: „Hohe Material- und Energiekosten treiben die Produktionskosten in die Höhe. Die Preise für Neuwagen dürften daher vorerst sehr hoch bleiben.“

–        Für das Gesamtjahr 2022 rechnet Fuß mit einem Rückgang der Neuzulassungen gegenüber dem Vorjahr im niedrigen einstelligen Bereich. Damit wird der Neuwagenabsatz in Deutschland gut ein Viertel niedriger ausfallen als im Vorkrisenjahr 2019.

–        Absatz elektrifizierter Neuwagen steigt wieder: Die Neuzulassungen von Elektroautos und Plug-in-Hybriden sind im August zusammen um 6 Prozent gestiegen – zum ersten Mal seit Februar dieses Jahres wurde in dem Segment damit wieder ein Wachstum verzeichnet. Während reine Elektroautos um 11 Prozent zulegten, ging es für Plug-in-Hybride nur um 1 Prozent aufwärts. Der Marktanteil elektrifizierter Neuwagen kletterte von 27,6 auf 28,5 Prozent.

–        „Nachdem der Absatz elektrifizierter Neuwagen in Deutschland zuletzt geschwächelt hatte, ging es im August wieder aufwärts“, sagt Fuß. „Die Gründe dafür sind vielfältig: Zum einen scheint sich die Versorgung mit Halbleitern zu verbessern – und davon benötigen elektrifizierte Autos noch mehr als Verbrenner. Zum anderen könnte das bevorstehende Auslaufen der Förderung bei Plug-in-Hybriden bzw. die Reduzierung der Förderung bei Elektroautos zu einem „Run“ auf diese Antriebsformen in der zweiten Jahreshälfte führen.“

–        Fuß rechnet mit einer mittelfristig starken Wachstumsdynamik zumindest bei Elektroautos – allerdings mit Verschiebungen auf dem Markt: „Wenn ab dem kommenden Jahr die bisher verkaufsfördernden Kaufprämien für E-Autos reduziert bzw. ganz abgeschafft werden, wird die Anschaffung eines Elektroautos im niedrigen bis mittleren Preissegment spürbar teurer. Dies dürfte den Absatz zumindest im Kompaktsegment dämpfen – denn bei günstigeren Fahrzeugen macht die Kaufprämie derzeit einen erheblichen Anteil am Kaufpreis aus. Für Normal- oder Geringverdiener rückt ein elektrischer Neuwagen in weitere Ferne, zumal das Angebot an preisgünstigeren elektrischen Klein- oder Kompaktwagen derzeit noch sehr überschaubar ist. Wir stehen vor dem Problem, dass Elektromobilität zu einem Privileg der Besserverdienenden zu werden droht.“  „Das gehobene E-Segment wird hingegen weiter boomen“, so Fuß. „Hier spielt die Umweltprämie eine untergeordnete Rolle, zudem bleiben die Steuervorteile bestehen.“