VDIK: Mehrwertsteuersenkung sorgt für Schlußspurt im Pkw-Markt  

Bad Homburg (8.1.21) – Der deutsche Pkw-Markt hat im Dezember um 10 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat zugelegt. Das Kraftfahrtbundesamt registrierte 311.394 Neuzulassungen. Der starke Jahresabschluss ist auch durch die auslaufende Mehrwertsteuersenkung zu erklären.

Im Gesamtjahr gingen die Neuzulassungen um 19 Prozent zurück. Es wurden 2,92 Millionen Pkw neu zugelassen. Damit wurde das bisher schlechteste Neuzulassungsjahr (2010) leicht übertroffen. Von den internationalen Marken wurden zwischen Januar bis Dezember 1.172.400 Pkw neu zugelassen. Der Marktanteil der VDIK-Mitglieder stieg damit in diesem Zeitraum auf über 40 Prozent (Vorjahr: 39 Prozent).

 

Reinhard Zirpel, Präsident des Verbandes der Internationalen Kraftfahrzeughersteller, erklärte: „Viele Privatkunden haben zum Jahresende noch ein Auto gekauft, um von der Mehrwertsteuersenkung zu profitieren. Die privaten Neuzulassungen legten im Dezember um 45 Prozent zu – also fast fünfmal so stark wie der Gesamtmarkt. Allerdings erwarten wir einen schwierigen Jahresstart, weil Autohäuser weiter geschlossen sind und das Dezemberergebnis sicher einige vorgezogene Zulassungen enthält.“

 

Der Privatmarkt war im gesamten zweiten Halbjahr die treibende Kraft der Markterholung. Zwischen Juli und Dezember legten die privaten Neuzulassungen um 14 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum zu. Der Gesamtmarkt verlor dagegen 3 Prozent. Die starken Verluste des ersten Halbjahrs konnte jedoch auch der Privatmarkt nicht aufholen. 2020 wurden rund 160.000 Pkw weniger von privaten Kunden neu zugelassen als 2019.

 

Deutliche Steigerungsraten verzeichneten die alternativen Antriebe. Laut KBA wurden im Dezember 83.086 Elektrofahrzeuge neu zugelassen. Darunter waren 43.671 Pkw mit batterieelektrischem Antrieb (plus 660 Prozent). Außerdem fuhren 39.107 neue Plug-In-Hybride (plus 601 Prozent) auf die Straßen.

 

Im Gesamtjahr wurden 394.940 Elektrofahrzeuge (plus 366 Prozent) neu zugelassen. Damit weisen 13,5 Prozent aller 2020 neu zugelassenen Pkw in Deutschland einen Elektroantrieb auf.

 

Der Markt für Diesel-Pkw ging dagegen 2020 deutlich zurück. Insgesamt wurden 820.000 Diesel-Pkw neu zugelassen, das entspricht einem Minus von 29 Prozent. Der Anteil von Pkw mit Dieselantrieb ist damit auf 28 Prozent gesunken (Vorjahreszeitraum 2019: 32 Prozent). 47 Prozent aller Neuwagen waren Benziner.

 

Der Nutzfahrzeugmarkt verzeichnete im Dezember mit 31.009 Neuzulassungen ein Plus von 5 Prozent. Im Gesamtjahr 2020 ging der Markt um 15 Prozent auf 349.041 Einheiten zurück. Bei den leichten Nutzfahrzeugen bis 3,5 Tonnen lag das Minus bei 12 Prozent, während Neuzulassungen schwerer Nutzfahrzeuge um 26 Prozent zurückgingen. Auch bei den Nutzfahrzeugen stabilisierte sich der Markt im zweiten Halbjahr. Nach einem Minus von 29 Prozent im ersten Halbjahr schloss das zweite Halbjahr auf Vorjahresniveau.

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Ernst & Young: Elektroboom führt zu starkem Dezember-Absatz – aber sehr schwaches erstes Quartal erwartet – Die wichtigsten Entwicklungen auf dem deutschen Neuwagenmarkt im Jahr 2020 und im Dezember:

  • Starker Jahresausklang dank Elektroboom: Die neuen massiven Einschränkungen des öffentlichen Lebens in Deutschland einschließlich der Schließung der Autohäuser zur Monatsmitte haben nicht zu einem Rückgang bei den Neuzulassungen geführt – im Gegenteil: die Neuzulassungen wuchsen um knapp zehn Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat. In anderen europäischen Ländern wurden im Dezember hingegen Einbußen verzeichnet – allerdings unterschiedlich starke, was zum Teil auch die jeweiligen Härte der Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie widerspiegelt: in Spanien sanken die Neuzulassungen im Dezember um 0,1 Prozent, in Frankreich um 11,8 Prozent, in Italien um 14,8 Prozent, in der Schweiz sogar um 15,4 Prozent.
  • Während die Neuzulassungen elektrifizierter Pkw (Elektro und Plug-in-Hybride) um 632 Prozent (von 11.328 auf 82.904) stiegen und sich damit mehr als versiebenfachten, brachen die Neuzulassungen von Verbrenner-Modellen (Diesel und Benzin) im Dezember um insgesamt 27 Prozent ein. „Das Absatzwachstum im Dezember ist allein auf die massiv gestiegenen Neuzulassungen von elektrifizierten Pkw zurückzuführen“, sagt Peter Fuß, Partner bei EY.
  • Im Gesamtjahr 2020 wurden in Deutschland 2,9 Millionen Pkw neu zugelassen – das ist der niedrigste Wert seit 2010. Im Vergleich zu 2019 wurden 19 Prozent weniger Neuwagen verkauft. Ein ähnlich starker Einbruch wurde zuletzt im Jahr 2010, nach dem Auslaufen der Abwrackprämie, registriert – damals um 23,4 Prozent.
  • Die Elektromobilität ist der große Gewinner von 2020: Die Einführung der „Innovationsprämie“ in Deutschland – also die Erhöhung der Förderung von Elektroautos durch den Bund von 3.000 auf 6.000 Euro macht Elektroautos preislich derzeit sehr attraktiv und führt zu einem enorm gestiegenen Interesse an diesem Segment.
  • Der Absatz von Elektroautos hat sich im Jahr 2020 gegenüber dem Vorjahr mehr als verdreifacht (plus 207 Prozent). Der Elektroboom im Dezember führte dazu, dass in diesem Monat jeder siebte neu zugelassene Pkw in Deutschland rein elektrisch fuhr – der Marktanteil lag bei 14,0 Prozent (Dezember 2019: 2,0 Prozent). Im Gesamtjahr 2020 lag der Marktanteil von Elektroautos bei 6,7 Prozent (2019: 1,8 Prozent).
  • Ebenfalls bemerkenswert hohe Wachstumsraten verzeichneten die besonders als Dienstwagen sehr beliebten Plug-in-Hybride: Bei ihnen lag das Plus im Gesamtjahr 2020 bei 342 Prozent, im Dezember sogar bei 603 Prozent, was einer Versiebenfachung entspricht. Somit haben sich die Neuzulassungen elektrifizierter Neuwagen (Elektro und Plug-in-Hybride zusammen) im Jahr 2020 mehr als verdreifacht (plus 263 Prozent). Der gemeinsame Marktanteil stieg von 3,0 auf 13,5 Prozent – ein neuer Rekordwert. Im Jahr 2020 hatte etwa jeder siebte Neuwagen einen elektrischen Antrieb (Plug-in-Hybrid oder Elektro), im Dezember sogar knapp jeder vierte.
  • Dank dieses starken Wachstums wuchs auch die Zahl der auf deutschen Straßen fahrenden elektrifizierten Fahrzeuge im Jahr 2020 deutlich – nach EY-Schätzung um 134 Prozent. Demnach sind derzeit in Deutschland insgesamt etwa 560.000 per Stecker aufladbare Fahrzeuge in Betrieb. Davon entfallen etwa 300.000 (plus 105 Prozent) auf Elektroautos und etwa 260.000 auf Plug-in-Hybride (plus 152 Prozent). „Trotz des Booms im Jahr 2020 wurde die Zielmarke von 1 Millionen Elektroautos im Jahr 2020 somit nicht erreicht – und sie wird auch im Jahr 2021 nicht zu schaffen sein“, sagt Peter Fuß.
  • „Der Elektroboom wird aber auch 2021 anhalten, wenngleich der massive Anstieg der Neuzulassungen im Dezember sicher vor dem Hintergrund der für 2020 einzuhaltenden Emissionsvorgaben zu sehen und einzuordnen ist und sich in diesem Ausmaß in den kommenden Monaten sicher nicht fortsetzen wird“, erwartet Fuß. „Erheblichen Rabatte und neue Modelle befeuern die Nachfrage bei elektrifizierten Neuwagen. Die Hersteller haben im neuen Jahr ein noch größeres Interesse, elektrifizierte Modelle in großer Zahl auf die Straße zu bringen, um die ambitionierten CO2-Vorgaben einzuhalten und Strafzahlungen zu vermeiden. Das dürfte im vergangenen Jahr unterm Strich weitgehend gelungen sein. Im neuen Jahr sind die Anforderungen noch höher, entsprechend werden die Anstrengungen der Branche weiter zunehmen. Es bleibt zu hoffen, dass auch der Ausbau der Ladeinfrastruktur in entsprechendem Umfang vorankommt.“
  • Der große Verlierer des Jahres ist der Benzin-Motor: Der Absatz von Neuwagen mit Otto-Motor sank im Gesamtjahr um 36 Prozent, während bei Diesel-Neuwagen ein Rückgang um „nur“ 29 Prozent registriert wurde. Der gemeinsame Marktanteil dieser beiden Antriebsformen sank im Jahresvergleich von 91,2 auf 74,8 Prozent. „Das Jahr 2020 wird auch als das Jahr in die Geschichte eingehen, in dem die Elektromobilität in Deutschland aus der Nische herausfuhr und erstmals zu einem ernstzunehmenden Faktor auf dem Neuwagenmarkt wurde. Im Jahr 2021 wird der Marktanteil elektrifizierter Neuwagen weiter steigen – ein Marktanteil von 20 Prozent erscheint erreichbar“, sagt Fuß.
  • Peter Fuß zum Ausblick auf 2021: „Das Jahr 2020 war nicht nur für die Autobranche ein rabenschwarzes Jahr, das alle schnell hinter sich lassen wollen. Allerdings versprechen die kommenden Monate keineswegs eine Verbesserung der Situation. Es spricht viel dafür, dass der Lockdown verlängert wird und dass die erhofften Aufhebungen von Einschränkungen nur stückweise erfolgen werden. Der Autohandel muss sich also vorläufig auf eine weiterhin sehr schwierige Situation einstellen. Ähnlich wird die Lage in vielen anderen großen europäischen Märkten sein. Europa wird somit zumindest im ersten Quartal das Sorgenkind der weltweiten Autobranche bleiben.“
  • Hinzu kommen nach Fuß‘ Einschätzung die konjunkturellen Auswirkungen der aktuellen zweiten Welle und der europaweiten Lockdown-Maßnahmen: „Es ist unklar, wie groß die Schäden sind, die die Wirtschaft davontragen wird, welche strukturellen Veränderungen zutage treten werden, wie sich die Arbeitslosigkeit entwickeln wird und ob es tatsächlich zu dem erhofften Wirtschaftsboom im Sommer kommt.“ Fuß ist aber vorsichtig optimistisch: „Wir werden aller Wahrscheinlichkeit im zweiten Halbjahr einen enormen Nachholbedarf in vielen Wirtschaftsbereichen sehen – auch auf dem Neuwagenmarkt. Sollte also die Impfkampagne den gewünschten Erfolg haben, wird auf das schwache erste Halbjahr ein starkes zweites Halbjahr folgen. Unterm Strich werden wir aber nicht auf das Vorkrisenniveau von 2019 kommen – die wirtschaftlichen Auswirkungen der Pandemie werden die Branche aller Voraussicht nach noch einige Jahre beschäftigen.“