ZIA-Frühjahrsgutachten 2020:

Lage bei Wirtschaftsimmobilien verschärft sich

Berlin (11.2.20) – Der Bedarf an Büro- und Logistikimmobilien in Deutschland kann immer schwerer gedeckt werden und behindert die wirtschaftliche Entwicklung. Besonders kritisch ist die Situation weiterhin in Berlin und München, wo der Büro-Leerstand mit 1,3 Prozent und 1,4 Prozent unterhalb einer gesunden Angebotsreserve liegt. Dies sind Ergebnisse aus dem diesjährigen Frühjahrsgutachten 2020 des Rats der Immobilienweisen, das der Zentrale Immobilien Ausschuss ZIA, Spitzenverband der Immobilienwirtschaft, heute an Marco Wanderwitz, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Innern, für Bau und Heimat, übergeben hat. Im Wohnungssegment sind die Neuvertragsmieten gegenüber dem Vorjahr mit 3,5 Prozent weniger stark angestiegen. Der Anstieg der Kaufpreise für Eigentumswohnungen dagegen setzte sich auch 2019 in allen A-Städten weiter fort.

Vor dem Hintergrund neuerlich verbesserter Finanzierungsbedingungen sorgen demografische Faktoren und die gute Arbeitsmarktlage für eine anhaltend hohe Nachfrage nach Wohnraum und eine starke deutsche Baukonjunktur. Allerdings zeigen sich im steigenden Bauüberhang (genehmigte, aber noch nicht als fertiggestellt gemeldete Baumaßnahmen), in steigenden Preisen und den sich abschwächenden Wachstumsraten bei realen Bauinvestitionen auch die bestehenden Kapazitätsprobleme der Immobilienwirtschaft. Im vergangenen Jahr wurde das höchste je dokumentierte Investitionsvolumen in Deutschland mit Wirtschaftsimmobilien erreicht. Mit rund 72,6 Milliarden Euro ein Anstieg um 19 Prozent im Vergleich zu 2018.

„Die vagen positiven Anzeichen – etwa bei der sich abschwächenden Steigerung der Durchschnittsmieten – sollten nicht überbewertet und dürfen vor allem nicht durch erneute Markteingriffe und Regulierungen konterkariert werden“, sagt ZIA-Präsident Dr. Andreas Mattner. „Der Weg hin zu mehr bezahlbarem Bauen und Wohnen ist lang und ließe sich durch einen Baufrieden beschleunigen – ein Moratorium für jede staatliche Tätigkeit, die Bauen teurer macht oder Einnahmen für weitere Investitionen reduziert. Wir müssen aufhören, uns weiter in Regulierungsdebatten aufzureiben, sondern wieder einen Konsens finden und uns an einen Tisch setzen. Bei alledem darf der Fokus nicht nur auf den Bereich Wohnen gelegt werden. Gerade im Bürosegment, aber mittlerweile auch im Hotel- und Logistikbereich übersteigt die Nachfrage das Angebot. Natürlich fehlen oftmals auch die Kapazitäten in den Bauunternehmen, die am Limit arbeiten. Insgesamt brauchen wir aber eine Aufbruchsstimmung, denn wir können es schaffen, die Herausforderungen einer ganzheitlichen Stadtentwicklung zu lösen.“

Die wichtigsten Ergebnisse des Frühjahrsgutachtens im Überblick:

Mietendeckel: Politik aus der sozialistischen Mottenkiste

Prof. Dr. Dr. Lars P. Feld von der Universität Freiburg, der im Rahmen des Frühjahrsgutachtens 2020 die gesamtwirtschaftliche Entwicklung analysiert hat, erteilt in seinem Beitrag Maßnahmen wie Enteignungen und Mietendeckel eine deutliche Absage. „Der Mietendeckel entspricht einer schleichenden Enteignung der Vermieter“, so Feld. „Durch Politik aus der sozialistischen Mottenkiste wird man die Wohnungsnot und Unzufriedenheit nicht langfristig lösen können. Mit radikalen Markteingriffen war man schon in den 1970er Jahren gescheitert. Stattdessen sollten die Maßnahmen auf der Angebotsseite ansetzen. Investitionen müssen für Bauunternehmen attraktiver gemacht werden, statt diese abzuschrecken. Es müssten Regulierungen abgebaut, Planungs- und Genehmigungskapazitäten aufgebaut und deutlich mehr Bauland ausgewiesen werden. Man sollte sich auf die Fähigkeiten des Marktes und die Knappheitssignale von Preisen verlassen. Um soziale Härtefälle aufzufangen, könnte das Wohngeld reformiert und damit für eine breitere Bevölkerungsgruppe zugänglich und dynamisiert werden“, sagt Feld.

Grundsteuer: Feld schlägt gesenkte Hebesätze in Einführungsphase vor

Die Grundsteuer-Regelung mitsamt der Öffnungsklausel bewertet Feld grundsätzlich positiv. „Das beharrliche Handeln von Bund und Ländern zur Neuordnung der Grundsteuer ist hervorzuheben und der ausgehandelte Kompromiss zufriedenstellend“, so Feld. „Die Gesetzgebungsfreiheit für die Länder ist zu begrüßen, denn nun können diese selbstständig entscheiden, ob eine Flächensteuer, eine reine Bodenwertsteuer oder ein komplizierteres Bewertungsmodell für ihre Kommunen attraktiver und passender ist, wenn sie mit dem Grundmodell des Bundes nicht einverstanden sind.“ Die Neuordnung allerdings führe unter den Steuerzahlern zu Gewinnern und Verlierern. Bei einzelnen Objekten werde es zu erheblichen Verschiebungen durch die Neubewertung kommen, was bei einer aktuellen Orientierung an deutlich überalterten Einheitswerten nicht weiter erstaunlich und eher eine Richtigstellung sei. Daher wäre in der Einführungsphase oder generell in Zeiten angespannter Mietpreislagen ein gesenkter Hebesatz oder eine Stundung zur temporären Entlastung denkbar.

Grundsteuer C problematisch

Die im Zuge der Neuordnung mit verabschiedete Grundsteuer C hingegen sei aus verschiedenen Gründen problematisch. „Die Erwartungen an das Instrument zur Ausweitung der Bereitstellung von Bauland wurden bereits in der Vergangenheit enttäuscht, das zeigt ein Blick zurück in die 1960er Jahre“, sagt Feld. „Speziell finanzschwache Bürger hatten Grundstücke aufgrund höherer Steuern verkaufen müssen, sodass die Verteilungswirkung als ungerecht empfunden wurde. Außerdem dürfte in vielen Fällen unklar sein, welche Gründe für brachliegende Bauflächen bestehen.“

Share Deals: Andere Gestaltungsformen denkbar

Die Reform der Grunderwerbsteuer sei der Versuch, die einerseits gerechtfertigte Sonderbehandlung von Unternehmen beizubehalten, jedoch anderseits Steuergestaltungen einzuschränken. Zwar machten die geplanten Maßnahmen der Reform Share Deals unattraktiver, vermögen diese jedoch nicht komplett einzudämmen. Vielmehr verfehlen die angedachten Maßnahmen nicht nur ihr Ziel, sie verschlechtern die Situation zunächst sogar. Ganz grundsätzlich seien andere Gestaltungsformen einer Neuregelung von Share Deals denkbar. „Interessant ist vor allem das französische Modell. Hier ist entscheidend, welchen Anteil das Immobilienvermögen am Firmenwert hat. Lediglich wenn der Immobilienwert der übernommenen Gesellschaft anteilig über 50 Prozent liegt, ist der Share Deal grunderwerbsteuerpflichtig. Außerdem könnte eine differenzierte Behandlung von Gewerbeimmobilien und Wohnimmobilien wie in Spanien oder den Niederlanden sinnvoll sein“, so Feld weiter.

Klimapaket: Vermieter sollten ebenfalls Anreize bekommen

Beim Klimapaket sei neben dem marktwirtschaftlichen Ansatz einer CO2-Bepreisung insbesondere die langfristige Möglichkeit der steuerlichen Förderung der energetischen Gebäudesanierung an selbstgenutztem Wohneigentum sinnvoll, da die Kapazitäten in der Baubranche zum einen bereits ausgelastet sind und sich Sanierungszyklen zum anderen über lange Zeiträume erstrecken. „Gleichwohl sind schnelle Erfolge der CO2-Einsparung im Gebäudebereich kaum zu erwarten“, so Feld. „Das liegt nicht zuletzt an der hohen Mietquote in Deutschland.“ Doch für Mietwohnungen ist keine entsprechende Regelung geplant. Auch Nichtwohngebäude finden hier aktuell keine Berücksichtigung, obwohl auf diesen Gebäudetypus rund 36 Prozent des Gebäudeenergieverbrauchs entfallen. „Es sollte sichergestellt werden, dass Vermieter ebenfalls Anreize für Investitionen in die Mietobjekte haben“, meint Feld.

Wohnimmobilien: Neuvertragsmieten steigen langsamer an

Die Angebotsmieten (60-80 Quadratmeter, gute Ausstattung, alle Baujahre) sind im deutschen Mittel im Jahr 2019 weiter um 3,5 Prozent gegenüber dem Vorjahr auf zuletzt 8,13 Euro pro Quadratmeter gestiegen. Der Anstieg hat sich gegenüber dem Vorjahr damit leicht verlangsamt (von 3,8 Prozent). Die Angebotsmieten (60-80 Quadratmeter, gute Ausstattung, alle Baujahre) in den A-Städten haben sich als Reflex auf die starke Zuwanderung in die A-Städte bei gleichzeitig noch schwachem Wohnungsneubau seit 2010 um 19 Prozent bis 60 Prozent erhöht. Allerdings schwächt sich das Bevölkerungswachstum insbesondere in den A-Städten in den letzten Jahren ab. Besonders deutlich ist dies in Berlin der Fall: von 55.000 (2016) über 39.000 (2017) auf 31.000 (2018). Auch in Hamburg sank das Wachstum stetig seit 2015 auf 10.600 (2018). In München war der Rückgang mit zuletzt 15.500 nicht ganz so ausgeprägt, nachdem es Mitte der 2010er Jahre noch 20.000 bis 24.000 Personen pro Jahr waren. „Das Jahr 2019 setzt diesen Rückwärtstrend in vielen Städten fort“, sagt Prof. Harald Simons, Vorstand der empirica AG, der für das Frühjahrsgutachten die Wohnungsmärkte untersucht hat.

Wohnimmobilien in den A-Städten: Anspannung verschärft sich nicht weiter

Gleichzeitig ist in allen Städten der Wohnungsneubau angestiegen. Letztes Jahr überstieg dieser in allen A-Städten das Wachstum der Wohnungsnachfrage, besonders deutlich war dies in Hamburg, Berlin, Düsseldorf und Stuttgart. „Auch im laufenden Jahr 2020 dürfte das Angebot in allen A-Städten stärker wachsen als die Nachfrage“, so Simons. Der teils stürmische Anstieg der Mieten scheint in einigen Städten aufzuhören und damit den Veränderungen in der Entwicklung von Angebot und Nachfrage zu folgen. Dies hinterlässt Spuren in der Mietentwicklung. Die Entwicklung ist in Berlin am weitesten fortgeschritten, gefolgt von Hamburg, aber auch in den anderen Städten lassen sich Bremsspuren in der Mietentwicklung beobachten. Insgesamt ist damit zu rechnen, dass sich die Anspannung auf den Wohnungsmärkten der A-Städte auch im Jahr 2020 nicht weiter verschärft. Vielleicht könnten die Märkte sich sogar leicht entspannen. Dies ist insbesondere davon abhängig, ob die hohe Investitionsneigung und Investitionsmöglichkeiten bestehen bleiben oder sich Investoren von den Wohnungsmärkten zurückziehen beziehungsweise zurückziehen müssen“, so Simons.

Die Leerstandsquote dürfte im Jahre 2019 nicht weiter gesunken sein. „Dies ist zum einen dem einfachen Umstand geschuldet, dass die Leerstandsquote in allen A-Städten ohnehin bereits bei fast Null liegt“, erklärt Simons. „Zum anderen aber dürfte im Jahr 2019 erstmals in allen A-Städten das Wohnungsangebot dank der hohen Neubauaktivitäten stärker gestiegen sein als die abgeschwächte Nachfrageentwicklung.“

Kaufpreise für Wohnungen steigen weiter

Der Anstieg der Kaufpreise für Eigentumswohnungen hingegen hat sich im letzten Jahr nicht vermindert und liegt mit 9,7 Prozent weiterhin deutlich über der Wachstumsrate der Neuvertragsmieten. Die Kaufpreise für Eigentumswohnungen (60-80 Quadratmeter, gute Ausstattung, alle Baujahre) sind auch im Jahr 2019 in allen A-Städten durchgehend weiter gestiegen. Diese Anstiege waren weiterhin mit rund zehn Prozent oder mehr in allen Städten beträchtlich, einzig in München ist der Preisanstieg mit knapp sieben Prozent etwas schwächer ausgefallen. Im Vergleich zur vorjährigen Wachstumsrate (2018-2017) ist der Preisanstieg in Hamburg, Düsseldorf, Köln und Stuttgart stärker ausgefallen und hat sich in Berlin, Frankfurt und München etwas abgeschwächt. „Seit 2011 steigen die Kaufpreise für Eigentumswohnungen nunmehr Jahr für Jahr stärker als die Neuvertragsmieten“, so Simons. „Die Ursache für diese Entwicklung ist auf dem Kapitalmarkt zu suchen, also den niedrigen Zinsen.“ Nachdem die Zinsniveaus (Wohnungsbaukredite an private Haushalte, anfängliche Zinsbindung über zehn Jahre) in den Jahren 2015 bis 2018 konstant bei knapp zwei Prozent verharrten, sanken sie überraschend im Verlauf des letzten Jahres nochmals auf gut 1,2 Prozent ab. Bei konstanter Annuität lässt sich damit nochmals eine um knapp zehn Prozent höhere Kreditsumme bedienen, was in etwa dem Preisanstieg in den sieben A-Städten entspricht.

Büroimmobilien: Niedriger Leerstand behindert wirtschaftliche Entfaltung

Büroimmobilien haben als einziges Immobiliensegment eine signifikante absolute und prozentuale Steigerung der Investments im Vergleich zum Vorjahr erfahren (+26 Prozent) auf 39,9 Milliarden Euro. „2019 dürfte der Investment Peak erreicht worden sein, für 2020 rechnen wir jedoch weiterhin mit einem dynamischen, hoch aktiven Marktgeschehen“, sagt Andreas Schulten, Generalbevollmächtigter der bulwiengesa AG, der im Frühjahrsgutachten die Entwicklung der Büro-, Unternehmens-, Logistik- und Hotelimmobilien und das Segment des Seniorenwohnens analysiert hat. „Niedrige Zinsen, hohe Liquiditätsreserven bei den Investoren, Strafzinsen auf Einlagen und die überschaubaren Ertragsaussichten bei Staatsanleihen – diese Rahmenbedingungen halten Investitionen insbesondere in deutsche Büroimmobilien weiter attraktiv.“ Angesichts des anhaltenden Bürobeschäftigtenwachstums konnte auch im Jahr 2019 eine rege Nachfrage auf dem deutschen Büroflächenmarkt verzeichnet werden. Der Flächenumsatz für die Top127-Büromärkte (nur reine Stadtgebiete) lag 2019 bei knapp 6,1 Millionen Quadratmeter Mietfläche für gewerblichen Raum (MFG) und damit etwa 8,7 Prozent höher als das 10-Jahresmittel. Dabei verhinderte der Angebotsmangel, insbesondere in A- und B-Städten, ein besseres Ergebnis. Denn in den 127 deutschen Büromarktstädten hat sich die Leerstandsquote fortgesetzt. In Summe weisen die Standorte nunmehr 6,6 Millionen Quadratmeter MFG vakante Flächen auf, was einer Leerstandsquote von 3,5 Prozent entspricht. Diese liegt fast 60 Basispunkte unter dem Vorjahresniveau. In den A-Standorten liegt die Quote mit 2,8 Prozent mittlerweile deutlich unterhalb klassischer Fluktuationsreserven.

Neben Berlin und München, wo der Leerstand mit 1,3 Prozent und 1,4 Prozent sehr niedrig ist, zeigen die anderen A-Städte vergleichbare Trends mit leicht geringerer Dynamik. Auch in Hamburg (2,9 Prozent), Köln (2,3 Prozent) und Stuttgart (1,9 Prozent) liegt das Flächenangebot unterhalb einer gesunden Angebotsreserve. „Neue Büros fehlen in den meisten deutschen Metropolen genauso wie preiswerte Wohnungen“, sagt Schulten. „Das Unterangebot bei Büros drückt die marktüblichen Mieten nach oben und behindert die Entfaltung der starken wirtschaftlichen Impulse in den Städten.“

Logistikimmobilien: Gefährlicher Engpass

Im Jahr 2019 wurden auf dem Markt für Logistikimmobilien rund 4,6 Milliarden Euro investiert. Der Flächenumsatz betrug rund 6,1 Millionen Quadratmeter – im Jahr 2016 lag dieser Wert noch bei 8,3 Millionen Quadratmeter. „Dieser Rückgang ist mitnichten auf ein mangelndes Interesse seitens der Nutzer zurückzuführen“, sondern auf den enormen Mangel an verfügbaren Flächen“, so Schulten. Für einen Großteil der Logistikregionen, aber auch peripheren Regionen, zeigt sich eine ausgeprägte Bedarfsunterdeckung.

Zwar gelang es 2019 – etwa durch die stärkere Nutzung von Brachflächen – die Neubaufertigstellungen wieder in die Höhe zu treiben. Aktuell liegt die erwartete Bauleistung marginal unter der des Rekordjahres 2017 (4,7 Millionen Quadratmeter). „Insgesamt jedoch müsste viel mehr Neubaufläche realisiert werden, um den steigenden Bedarf kompensieren zu können“, meint Schulten. „Wir steuern hier auf einen gefährlichen Engpass zu. Die Versorgungssicherheit von Industrie und Gesellschaft ist Basiselement für den wirtschaftlichen Erfolg Deutschlands. Und sichert damit nicht nur Arbeitsplätze, sondern sorgt auch dafür, dass alles in Bewegung bleibt. Die Logistik als wachsender Wirtschaftszweig und die Logistikimmobilien sind elementar, um diese Ziele zu erreichen. Während die hiesige Verkehrsinfrastruktur schon bessere Zeiten erlebt hat und Brücken und Autobahnen bröckeln, stehen für Logistikimmobilien bereits jetzt kaum noch Grundstücksflächen zur Verfügung. Zudem intensiviert sich vor allem in integrierten oder stadtnahen Lagen gleichzeitig der Wettbewerb mit anderen Nutzungsarten und generell sind die Baukapazitäten der ausführenden Unternehmen stark begrenzt. Politiker müssen diese Sachverhalte stärker verinnerlichen und in ihren Programmen und den Gesetzen verankern.“

Unternehmensimmobilien: Neuer Höchststand beim Investitionsvolumen

Über die vier Objektkategorien von Unternehmensimmobilien (Transformationsimmobilien, Gewerbeparks, Lagerimmobilien sowie Produktionsimmobilien) hinweg wurden insgesamt rund 3,1 Milliarden Euro am Markt gehandelt. Dieser Wert liegt knapp 20 Prozent über dem Vorjahr und sogar das langjährige Mittel konnte damit um über 33 Prozent übertroffen werden. Zu den nachfragestärksten Immobilien der Unternehmensimmobilien zählen zweifellos Gewerbeparks, die regelmäßig einen Großteil des Investmentvolumens auf sich vereinen. „Unterstützt durch eine deutlich gesteigerte Markttransparenz hat die noch recht junge Assetklasse der Unternehmensimmobilien in den vergangenen Jahren eine hohe Nachfragesteigerung erfahren“, so Schulten. „Nicht zuletzt deshalb hat sich auch das Investoreninteresse an Unternehmensimmobilien gesteigert. Insofern ist auch zukünftig, für das Jahr 2020 und darüber hinaus, mit einer steigenden Nachfrage auf Seiten der Nutzer und Investoren zu rechnen.“

Einzelhandel: Erreichbarkeit des stationären Handels nicht einschränken

Im Jahr 2019 hat der Einzelhandel in Deutschland 543,7 Milliarden Euro umgesetzt. Damit steigt der Einzelhandelsumsatz nicht nur das zehnte Jahr in Folge, sondern auch mit etwas größerer Dynamik als im Jahr zuvor. Das Umsatzwachstum zum Vorjahr beträgt 3,2 Prozent. Im Gesamtjahr 2019 wurden 10,1 Milliarden Euro am deutschen Investmentmarkt für Einzelhandelsimmobilien investiert. Das Transaktionsvolumen hat sich im zweiten Jahr in Folge verringert, mit einem Rückgang von 4,1 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum hat sich die Entwicklung jedoch deutlich verlangsamt. Insbesondere in den deutschen Top-Städten hat die mangelnde Produktverfügbarkeit zu einem erneuten Sinken des Transaktionsvolumens geführt und damit den Trend der Vorjahre fortgesetzt. Einzelhandelsimmobilien sind weiterhin die drittbegehrteste Anlageklasse am Immobilieninvestmentmarkt Deutschland. „Die gute Entwicklung der Konsum- und Konjunkturdaten führen auch zu einer gewissen Stabilität im Einzelhandelsimmobilienmarkt“, sagt Michael Gerling, Geschäftsführer des EHI Retail Institute. „Der Markt befindet sich jedoch gleichzeitig im Umbruch – angetrieben durch viel Einzelhandelsfläche am Markt, die Konkurrenz verschiedener Formate, den Wandel der Konsumgewohnheiten und den Onlinehandel. Nicht zuletzt deshalb, weil der Einzelhandel eine bedeutende Rolle für vitale Innenstädte und für die Versorgung der Bevölkerung spielt, darf die Erreichbarkeit des stationären Handels nicht eingeschränkt werden – etwa durch Umweltzonen, Fahrverbote und autofreie Innenstädte.“

Hotelimmobilien: Mittelstädte nehmen an Bedeutung zu

Der deutsche Hotelmarkt profitiert seit einigen Jahren vom stark wachsenden Tourismus in Deutschland. Nach vorläufigen Hochrechnungen erzielten die rund 52.300 Beherbergungsbetriebe in Deutschland 2019 rund 494,2 Millionen Übernachtungen und damit im zehnten Jahr in Folge einen neuen Rekordwert. Ein wesentlicher Schlüssel dieses Erfolges ist das Beherbergungsangebot, das in den vergangenen Jahren vielerorts modernisiert und ausgebaut wurde. Besonders in den deutschen A-Städten hat sich das Projektentwicklungsvolumen im Hotelbereich innerhalb von zehn Jahren mehr als verdreifacht. Parallel dazu hat die Marken- und Konzeptvielfalt in der Hotellerie deutlich zugenommen, mit denen auch neue Kundengruppen erschlossen werden konnten. Das Investitionsvolumen in diesem Segment lag im Jahr 2019 bei knapp fünf Milliarden Euro und nähert sich damit dem Rekordjahr von 2016 (5,2 Milliarden Euro) an. Dem Transaktionsvolumen steht ein investmentrelevantes Hotelangebot von rund 396.400 Zimmern gegenüber, deren Marktwert zusammen rund 57,5 Milliarden Euro beträgt.

Der limitierende Faktor für noch höhere Werte ist das Angebot beziehungsweise der Produktmangel. Denn nicht alle Beherbergungsbetriebe sind investmentrelevant, weil sie etwa nicht an einem Standort gelegen sind, der ein hohes touristisches Aufkommen generiert. Aus den 2019er Transaktionsdaten wird jedoch deutlich, dass der Transaktionsanteil in Mittelstädten an Gewicht gewinnt, da auch dort investmentfähige Produkte entstehen, die von erfahrenen Pächtern betrieben werden. So betrug der Anteil am Investitionsvolumen im Jahr 2019 dort schon 16,9 Prozent – 2018 hingegen waren es noch 8,9 Prozent. Der Anteil der A-Städte ist entsprechend von 71,7 Prozent (2018) auf 56,0 Prozent (2019) gesunken.

Ein wirtschaftliches Problem für die Hotellerie sind steigende Kosten im Bau und Betrieb. Allein die Baukosten im Hotel- und Gaststättengewerbe in Deutschland sind in den letzten zehn Jahren um 43 Prozent gestiegen und damit stärker als der Umsatz der Hotellerie. „Bürokratieabbau und Erleichterungen im Bauplanungsrecht – beispielsweise bei Nutzungsumwandlungen im Bestand – wären angemessene politische Stellschrauben für diese Nutzungsklasse“, empfiehlt Schulten. „Von politischer Bedeutung ist künftig auch ein differenzierteres Wissen über die den Mietwohnungsmarkt entlastende Wirkung von Hotels und anderen Formen von Wohnen auf Zeit.“

Ländliche Räume: Gute Chancen für Wohninvestments

In den ländlichen Kreisen entfielen 2018 46 Prozent aller rund 216.000 Kauffälle für Wohnimmobilien auf Ein- und Zweifamilienhäuser. Der Umsatzanteil lag bei 56 Prozent von insgesamt 35,5 Milliarden Euro. In 30 Prozent der Kauffälle und zu 31 Prozent des Umsatzes wechselten Eigentumswohnungen und sonstiges Teileigentum den Besitzer. Die Spanne der Mieten in den ländlichen Kreisen ist relativ eng – 80 Prozent der Kreise weisen ein durchschnittliches Mietniveau zwischen 5,20 Euro und 7,50 Euro pro Quadratmeter auf. Die aktuelle Entwicklung der Angebotsmieten in Deutschland vom dritten Quartal 2018 bis zum dritten Quartal 2019 weist einen Mietanstieg um drei Prozent auf. Im gleichen Umfang stiegen auch die Mieten in den städtischen Kreisen und kreisfreien Städten sowie in den stagnierenden ländlichen Kreisen. In den wachsenden ländlichen Kreisen stiegen die Angebotsmieten mit vier Prozent überdurchschnittlich an. In den schrumpfenden ländlichen Kreisen hingegen betrug die Preissteigerung lediglich ein Prozent.

Betrachtet man die Entwicklung der Angebotspreise in Deutschland von Ende 2007 bis zum 3. Quartal 2019 im Segment der Eigentumswohnungen, zeigt sich ein Anstieg des Medians um 73 Prozent von 1.053 Euro auf 1.819 Euro pro Quadratmeter. Überdurchschnittlich stark fiel die Dynamik in den städtischen Kreisen und kreisfreien Städten aus. Hier lag der Anstieg bei 83 Prozent. Die Angebotspreise stiegen von 1.121 Euro auf 2.070 Euro pro Quadratmeter. In den ländlichen Kreisen war die Entwicklung sehr unterschiedlich. In den wachsenden ländlichen Kreisen verdoppelten sich die Angebotspreise nahezu, von 1.057 Euro auf 2.097 Euro pro Quadratmeter. Sie erreichten damit das aktuelle Preisniveau der städtischen Kreise und kreisfreien Städte von 2.070 Euro pro Quadratmeter. In den stagnierenden ländlichen Kreisen stiegen die Kaufpreise für Eigentumswohnungen um 68 Prozent von 865 Euro auf aktuell 1.457 Euro pro Quadratmeter, während sich die Angebotspreise in den schrumpfenden ländlichen Kreisen mit einem Anstieg von 27 Prozent nur sehr verhalten entwickelten (von 785 Euro auf 1.000 Euro pro Quadratmeter).

„Unter den ländlichen Kreisen gibt es eine differenzierte Entwicklung, die unterschiedliche Herausforderungen, aber auch Investitionschancen mit sich bringt“, erklärt Carolin Wandzik, Geschäftsführerin der GEWOS, die die Wohnungsmärkte in ländlichen Räumen untersucht hat. „Bewertet man Indikatoren wie die Wohnungsmarktentwicklung bis 2030, die wirtschaftliche Entwicklung und die Finanzierbarkeit des Wohnens ergibt sich für einige ländliche Regionen ein für Wohninvestments besonders günstiges Chancen-/Risiko-Verhältnis. Dies sind im Norden ländliche Kreise Niedersachsens und Schleswig-Holsteins, im Süden fast alle ländlichen Kreise Bayerns und Baden-Württembergs.“

Betreutes Wohnen: Alternative Wohnform im Alter rückt in den Fokus

„Die Nachfrage nach Betreutem Wohnen wird künftig steigen“, prognostiziert Schulten. „Denn 2035 werden in Deutschland rund 4,3 Millionen Menschen Leistungen aus der gesetzlichen Pflegeversicherung beziehen, was gegenüber 2015 einer Steigerung um knapp 50 Prozent entspricht. Die Pflege in eigener Häuslichkeit, sei es durch Angehörige (Pflegegeld) oder einen ambulanten Pflegedienst wird auch weiterhin die bevorzugte Variante sein, sodass im Jahr 2035 rund 2,8 Millionen Pflegebedürftige in eigener Häuslichkeit betreut werden.

Aktuell sind rund 7.000 Wohnanlagen für Betreutes Wohnen unterschiedlichster Klassifizierung mit etwa 300.000 Wohnungen in Deutschland vorhanden, zusätzlich umfasst die Projektpipeline rund 600 in Bau befindliche sowie projektierte Wohnanlagen. 85 Prozent der Wohnanlagen sind klein und verfügen über maximal 80 Wohneinheiten, wobei die mittlere Einrichtungsgröße bei 44 Wohneinheiten liegt. Im Schnitt verfügen die Wohneinheiten über 45 Quadratmeter Wohnfläche. Das Gesamtentgelt setzt sich aus einer klassischen Kaltmiete zuzüglich Nebenkosten, die durchschnittlich bei 9,00 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche liegen, sowie einer Servicepauschale (durchschnittlich 60 Euro ohne Verpflegung) in Abhängigkeit vom Servicekonzept zusammen. Nicht zuletzt aufgrund der allgemeinen politischen Unsicherheit bei Investitionen in stationäre Pflegeeinrichtungen konnten über die vergangenen Jahre hinweg steigende Transaktionsvolumina im Betreuten Wohnen festgestellt werden, die im Jahr 2019 je nach Berechnung zwischen 470 Millionen und rund 700 Millionen Euro liegen.

„Die Herausforderung beim Betreuten Wohnen für die nächsten Jahre wird sein, die Versorgungsfunktion einer zahlenmäßig größeren und gleichzeitig älteren Alterskohorte der Senioren sicherzustellen“, sagt Schulten. „Die Generation der Babyboomer, die mittelfristig die Hauptzielgruppe verschiedenster Wohn- und Betreuungsformen im Alter sein wird, ist gut ausgebildet und vermögend. Selbständigkeit, eine vertraute Umgebung gepaart mit einem hohen  Sicherheitsgefühl und dem Wunsch nach Individualität nehmen einen hohen Stellenwert ein, sodass bereits schon frühzeitig und vorausschauend über eine bewusste Lösung über den geeigneten Wohnort im Alter entschieden wird. Den Lebensabend in einem stationären Pflegeheim zu verbringen ist für die meisten somit die letzte Option, wodurch alternative Wohnformen wie das Betreute Wohnen in den Fokus rücken“, so Schulten. Insgesamt könne man von einer Bedarfsquote ausgehen, die deutschlandweit im Mittel bei 4,5 Prozent der Bevölkerung 65 plus liegt.