Ernst & Young: Deutsche Autokonzerne im dritten Quartal weltweit mit stärkstem Umsatzplus

Frankfurt/Main (4.12.19) – Nach einem schwachen ersten Halbjahr konnten die deutschen Autokonzerne im dritten Quartal wieder Gas geben und das Gros der übrigen weltweit führenden Autohersteller hinter sich lassen. Beim Umsatz legten die drei deutschen Konzerne um 9 Prozent zu, während die übrigen „Autonationen“ Japan, Frankreich und USA jeweils rückläufige Umsätze meldeten. Eine ähnliche Entwicklung gab es beim Neuwagenabsatz, der bei den deutschen Autobauern insgesamt um fünf Prozent zulegte, während der Gesamtmarkt um zwei Prozent schrumpfte.

 

Besonders in China zeigt der Trend nach unten: Um sechs Prozent sanken die Verkäufe der 16 weltweit führenden Autokonzerne im Reich der Mitte. Die US-Hersteller verzeichneten einen Rückgang um 20 Prozent, bei den japanischen Herstellern schrumpfte das China-Geschäft um 28 Prozent, bei den französischen Autobauern sogar um 55 Prozent. Nur die deutschen Autobauer konnten insgesamt dem Abwärtstrend trotzen und steigerten die Neuwagenverkäufe in China um ein Prozent.

 

Das sind Ergebnisse einer Analyse der Finanzkennzahlen der 16 größten Autokonzerne der Welt, die die Prüfungs- und Beratungsgesellschaft Ernst & Young (EY) quartalsweise erstellt.

„In einem schrumpfenden Markt konnten die deutschen Autokonzerne im dritten Quartal endlich wieder in die Offensive gehen, Marktanteile gewinnen und auch beim Gewinn deutliche Fortschritte vorweisen“, sagt Constantin M. Gall, Leiter des Bereichs Automotive & Transportation bei EY. „Für eine Entwarnung ist es aber zu früh: Die kommenden Monate und Jahre werden schwierig, die Branche steht enorm unter Druck.“

 

Umsatzwachstum trotz Absatzflaute – dank SUVs und Pick-ups

Nur fünf der 16 analysierten Unternehmen konnten ihren Pkw-Absatz im dritten Quartal erhöhen – das stärkste Plus verzeichneten die drei deutschen Konzerne: Daimler legte um acht Prozent zu, Volkswagen und BMW jeweils um vier Prozent. Außer den deutschen Autobauern konnten nur Kia und Toyota mehr Autos verkaufen als im Vorjahreszeitraum. „Die Nachfrage entwickelt sich weltweit nach wie vor schwach, gerade in China“, beobachtet Peter Fuß, Partner bei EY. „Es drohen Überkapazitäten und damit neue finanzielle Belastungen. Die optimistischen Prognosen aus der Vergangenheit sind inzwischen Makulatur, China hat sich vom Wachstumsmotor zum Sorgenkind der Autobranche entwickelt.“

 

Beim weltweiten Umsatz konnte hingegen immerhin die Hälfte der Unternehmen zulegen – vor allem dank des anhaltenden Booms bei SUVs und Pick-ups. So schafften etwa die US-Konzerne trotz eines Absatzrückgangs um sieben Prozent ein Gewinnplus von 10 Prozent – bei einem nur um ein Prozent gesunkenen Umsatz. „Der Trend zu größeren und teureren Autos federt derzeit noch die Auswirkungen sinkender Stückzahlen ab und sorgt für steigende Gewinne. Mittelfristig stellt diese Entwicklung aber ein Problem dar – es wird immer schwerer, die strengen CO2-Vorgaben einzuhalten“, betont Fuß.

 

Um die CO2-Bilanz der eigenen Neuwagenflotte aufzubessern und hohe Strafzahlungen zu vermeiden, setzen viele Autokonzerne zunehmend auf Elektroautos, beobachtet Fuß: „Im kommenden Jahr werden wir einen kräftigen Absatzanstieg von Elektroautos sehen – neue Modelle auch im Kleinwagen- und Kompaktsegment kommen auf den Markt, die Lieferzeiten werden kürzer, attraktive Finanzierungangebote machen Elektromobilität bezahlbar.“

 

Industrie stellt sich auf sinkende Gewinne ein – Ausleseprozess beginnt

Mit der prognostizierten Entwicklung der Elektromobilität hin zum Massenmarkt rückt der technologische Umbruch in der Autoindustrie immer näher, sagt Gall: „Die eigentliche Bewährungsprobe für die Autobranche steht noch bevor. Es gilt, die Fabriken umzurüsten, die Kostenstruktur an niedrigere Margen anzupassen, dabei gleichzeitig noch genug Geld für Zukunftsinvestitionen zur Verfügung zu haben und die eigene Marke zu pflegen – eine Herkulesaufgabe. Für die Autoindustrie sind die goldenen Jahre damit vorerst vorbei. Alle schnallen jetzt den Gürtel enger und suchen nach Einsparpotenzialen – was auch die Zulieferbranche schmerzhaft zu spüren bekommt.“ Fuß ergänzt: „So überfällig die bittere Pille ‚Stellenabbau‘ sein mag, um Kosten zu senken: Gewinne werden nur dann wieder nachhaltig sprudeln, wenn margenstarke Produkte auch vom Kunden abgenommen werden. Ob dies mit der weltweit subventionierten Elektrooffensive funktionieren kann, bleibt weiterhin die größte Wette der Automobilindustrie – mit offenen Ausgang.“

 

In jedem Fall steht ein tiefgreifender Umbau an, den nicht alle Unternehmen meistern können, sagt Gall: „Um Kosten und Risiken auf mehrere Schultern zu verteilen, geht der Trend hin zu mehr und immer weiter reichenden Kooperationen, Partnerschaften und auch Fusionen, um größere Einheiten zu bilden.  Coopetition wird zur Erfolgsformel: Nur wer bereit und in der Lage ist, strategische Allianzen oder Kooperationen mit Wettbewerbern einzugehen, wird überleben können. Die FCA-PSA-Fusion dürfte erst der Anfang einer neuen Konsolidierungswelle sein – wir stehen am Beginn eines Ausleseprozesses.“

 

Toyota führt bei Marge, Umsatz und Gewinn

Für den aus dem Zusammenschluss von FCA und PSA entstehenden Konzern ging es im dritten Quartal beim Umsatz und Absatz allerdings erst einmal abwärts: Der kombinierte Umsatz sank um 0,3 Prozent, der Neuwagen-Absatz um knapp sieben Prozent.

 

Bei Umsatz und Absatz konnten sich die beiden größten Autokonzerne der Welt, Toyota und Volkswagen, weiter von den Verfolgern absetzen, wobei Toyota im dritten Quartal alle relevanten Rankings anführte: Der japanische Autobauer verzeichnete den höchsten Umsatz, den höchsten Gewinn, verkaufte die meisten Pkw und erzielte mit 8,7 Prozent die höchste Marge – knapp vor BMW mit einer Marge von 8,6 Prozent. Volkswagen folgt mit 7,4 Prozent im Margenranking auf dem vierten Platz, Daimler belegt mit 6,2 Prozent den siebten Platz.