Coface: Politisch heißer Sommer kühlt globale Wirtschaft ab – Verlangsamung trotz Politik der Zentralbanken – Hongkong in A3 herabgestuft

Hongkong (22.10.19) – Der politisch heiße Sommer 2019 sorgte in der globalen Wirtschaft für Abkühlung. „So ist es sehr wahrscheinlich, dass auch 2020 eher gebremst laufen wird“, erwartet der Kreditversicherer Coface. Die argentinische Währungskrise, Demonstrationen in Hongkong und Russland, Brexit, der Angriff auf Ölanlagen in Saudi-Arabien: Das sind nur einige der Ereignisse, die das dritte Quartal 2019 geprägt haben. „Die zunehmende politische Unsicherheit, verbunden mit dem Rückgang des Welthandelsvolumens, der hohen Volatilität der Ölpreise und dem Rückgang der Automobilverkäufe in Europa und China, hat die Zuversicht der Unternehmen weiter beeinträchtigt“, heißt es im Quartalspanorama zur Weltwirtschaft von Coface.

Greift Pessimismus der Industrie auf den Rest der Wirtschaft über?
„Jetzt sind neben europäischen und asiatischen auch amerikanische Unternehmen offen besorgt über die protektionistische Rhetorik von Präsident Trump“, meinen die Coface-Volkswirte. „Obwohl sich der chinesisch-amerikanische Handelsstreit in Richtung eines Abkommens zwischen den beiden Weltmächten zu bewegen scheint, sind die Maßnahmen des US-Präsidenten im Rahmen einer Kampagne zu seiner Wiederwahl und eines Amtsenthebungsverfahrens nach wie vor schwer vorhersehbar.“ Darüber hinaus halten strukturelle Veränderungen im Automobilsektor an, darunter Emissionsnormen in Europa und Veränderungen im Verbraucherverhalten in China. In diesem Zusammenhang entwickeln sich die europäischen Volkswirtschaften nach Ansicht von Coface derzeit mit zwei Geschwindigkeiten: „Einige sind besonders von der globalen Industrie und dem globalen Handel abhängig wie Deutschland oder leiden primär unter innenpolitischen Unsicherheiten wie Italien und Großbritannien.“

Zentralbanken greifen ein
Viele Zentralbanken haben als Folge der starken Wachstumsverlangsamung geldpolitische Lockerungsmaßnahmen angekündigt. Die Auswirkungen dieser Geldpolitik mit teilweise negativen Nominalzinsen sind indes ungewiss. Negative Leitzinsen können die Wirtschaft und die privaten Haushalte und Unternehmen ankurbeln, aber auch die Rentabilität der Banken beeinträchtigen. In der Theorie überwiegt die Erwartung positiver Effekte auf die Wirtschaft, auch wenn diese ultra-expansive Geldpolitik die Inflation in der Eurozone nicht angekurbelt hat. Insgesamt geht Coface aufgrund der weit verbreiteten politischen Instabilität davon aus, dass das Jahr 2020 von einer konjunkturellen Verlangsamung geprägt sein wird.

In den Länderbewertungen hat der Kreditversicherer in diesem Quartal zwei Veränderungen vorgenommen: Die chinesische Sonderverwaltungszone Hongkong wurde von A2 auf A3 herab- und Mauretanien von D auf C heraufgestuft.

Länderbewertung: Hongkong herabgestuft
Der Handelskrieg zwischen den USA und China hat die Exporte der chinesischen Verwaltungszone stark beeinflusst. Während die originären Exporte Hongkongs nur einen geringen Anteil am Bruttoinlandsprodukt ausmachen, sind die aus China stammenden und über Hongkong als Zwischenstation exportierten Güter mit einem Anteil von 150 Prozent am BIP Honkongs bedeutender. Diese Re-Exporte sind in den ersten sechs Monaten 2019 im Durchschnitt um 4 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum gesunken. „Und dieser Gegenwind wird voraussichtlich bis weit in das Jahr 2020 hinein anhalten“, erwartet der Volkswirt für Asien-Pazifik bei Coface, Carlos Casanova. Die Folge: eine nur sehr schwache Wachstumsrate von 0,6 Prozent in den ersten beiden Quartalen.

Einige Branchen, darunter Einzelhandel, Dienstleistungen und Transport, sind von den politischen Protesten betroffen, die im Juni 2019 begannen und nicht nachlassen. Einerseits mussten Einkaufszentren geschlossen werden, weil Demonstranten die Hauptstraßen verstopften. Andererseits ging die Zahl der Touristen im Juli und August sehr deutlich zurück. „Die schwächere Nachfrage wird das Wachstum im dritten Quartal weiter dämpfen, was sehr wahrscheinlich zu einer technischen Rezession führen wird“, sagt Carlos Casanova.

So müssen auch deutsche Unternehmen, die in Hongkong investieren wollen, bei ihren Investitionsplänen ein Umfeld mit höheren politischen Risiken berücksichtigen. „Auf der positiven Seite und trotz der anhaltenden politischen Krise bleiben das Justizsystem, der institutionelle Rahmen und das günstige Steuersystem Hongkongs unverändert“, erklärt Carlos Casanova. „Damit sollte die Rolle Hongkongs als Tor zu China weiterhin unterstützt werden. Schließlich bleiben die traditionellen Indikatoren für die Kapitalflucht, wie Geldbasis, Portfolioströme in Aktien, Anleihen und Immobilienmarkt, stabil.