Genossenschaftsverband: Altersvorsorge ist dominierendes Ziel für Geldanlage – aber die Anlageformen passen nicht dazu

Neuss (22.4.19) – Die Hälfte der Deutschen rechnet mit einem sinkenden Lebensstandard im Alter – fast genau der gleiche Prozentsatz würde gerne mehr zur Sicherung des Lebensstandards unternehmen. Allerdings fehlen dazu oft die Mittel: Ein Drittel der Deutschen legt überhaupt kein Geld an. Dies sind Ergebnisse einer repräsentativen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov im Auftrag des Genossenschaftsverbandes – Verband der Regionen.*


„Dass jeder zweite Deutsche mit einem sinkenden Lebensstandard im Alter rechnet, zeigt, dass Ängste vor sozialem Abstieg bis weit in die Mitte der Gesellschaft reichen“, kommentiert Ralf W. Barkey, Vorstandsvorsitzender des Genossenschaftsverbandes, die Umfrage. „Die Gefahr einer gesellschaftlichen Spaltung ist real.“ Mit Abstand am stärksten ausgeprägt ist die Erwartung eines sinkenden Lebensstandards in der Gehaltsklasse zwischen 1.000 und 1.500 Euro (66 Prozent).
Der Wunsch, mehr zur Sicherung des Lebensstandards im Alter zu unternehmen, differiert zwischen den Gehaltsklassen vergleichsweise wenig. Allerdings geben Befragte mit einem Einkommen bis 1.000 Euro monatlich zu 62 Prozent an, keine Geldanlage zu nutzen – erst ab einem Einkommen von mindestens 2.500 Euro pendelt sich dieser Wert zwischen 20 und 15 Prozent ein. Unter den ca. zwei Dritteln der Deutschen, die Geld anlegen, ist Altersvorsorge dominierendes Sparmotiv, dicht gefolgt von einem Notgroschen. Erst mit deutlichem Abstand folgen größere Anschaffungen, Reisen oder selbst genutztes Wohneigentum. In den Einkommensklassen oberhalb von 3.500 Euro ist das Ziel Altersvorsoge am stärksten ausgeprägt. „Diejenigen, die es sich eher leisten können, geben diesem Ziel auch mehr Gewicht“, erläutert Barkey.
„Der deutsche Sparer ist verunsichert und ambivalent. ier Her Die Politik ist gefordert, damit nicht eine ganze Generation ohne auskömmliche Vorsorge im hohen Alter dasteht.“
Obwohl Altersvorsorge dominierendes Sparmotiv ist, werden primär nicht die dafür am besten geeigneten Anlagealternativen gewählt. Die klassischen Bankprodukte Tagesgeld und Sparbücher sind die wichtigsten Geldanlagearten, es folgt Bausparen. Erst auf Platz vier rangieren mit Lebens- und Rentenversicherungen ein klassisches Produkt der Altersvorsorge. „Derzeit liegen über 67 Prozent der Einlagen praktisch zinslos als Tagesgelder auf den Konten bei den Volksbanken und Raiffeisenbanken im Verbandsgebiet. Das dokumentiert das große Vertrauen in die Genossenschaftsbanken“, sagt Barkey. „Der deutsche Sparer ist verunsichert und ambivalent. Er parkt sein Geld, obwohl er weiß, dass er für die Vorsorge in andere Anlagearten gehen müsste.“ Die steigende Inflation treffe vor allem den Durchschnittssparer. Dieser habe in der Nachkriegszeit über Generationen das Prinzip der Vermögensmehrung über den Zins- und Zinseszins-Effekt gelebt. Der Abschied davon falle angesichts des ausgeprägten Sicherheitsdenkens schwer.
Laut der Umfrage ist Sicherheit mit 42 Prozent Nennungen das wichtigste Kriterium der Geldanlage, gefolgt von Rendite mit 23 Prozent. „Problembewusstsein für die Notwendigkeit einer besseren Vorsorge ist vorhanden“, glaubt Barkey. „Die Politik ist gefordert, damit nicht eine ganze Generation ohne auskömmliche Vorsorge im hohen Alter dasteht. Es fehlen Anreize und Orientierung. Die Volksbanken und Raiffeisenbanken haben hier durch ihren Förderauftrag die Verantwortung, im Rahmen der genossenschaftlichen Beratung ertragsreichere Anlagealternativen aufzuzeigen. Nach meiner festen Überzeugung bedarf es dafür aber auch mehr steuerlicher Anreize. Der Spielraum dafür ist da, denn der Staat spart viel Geld durch die Nullzinspolitik. Er sollte die Sparer daran partizipieren und nicht mit den Belastungen allein- lassen. Dafür sollten auch die Freibeträge für Kapitalerträge, wie es beim steuerfreien Existenzminimum entsprechend der Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts geschieht, an die Inflation angepasst werden. Hier ist seit 2009 beim Sparerpauschbetrag nichts passiert.“ Laut der Umfrage würde nur ein Drittel der Deutschen sein Anlageverhalten bei entsprechender steuerlicher Förderung nicht ändern. Das entspricht in etwa dem Anteil derer, die ohnehin kein Geld anlegen.