Ernst & Young: Flaute auf dem EU-Neuwagenmarkt hält an – keine Entwarnung für den Diesel 

Frankfurt/Main (15.3.19) – Der europäische Neuwagenmarkt kommt weiter nicht in Schwung – die Neuzulassungen in der EU sanken im Februar um ein Prozent. Nachdem aber im Januar noch alle großen Märkte Absatzrückgänge verzeichnet hatten, war die Entwicklung im Februar uneinheitlich: In den drei größten Märkten – Deutschland, Großbritannien und Frankreich – gab es leichte Zuwächse. In Italien und vor allem in Spanien war der Absatz hingegen rückläufig, und auch weitere größere Märkte wie Österreich, Schweden und die Niederlande verzeichneten zweistellige Absatzrückgänge.

Dass die europäische Autokonjunktur nicht an Fahrt gewinnt, ist laut Peter Fuß, Partner bei EY, vor allem auf die lahmende Konjunktur zurückzuführen: „Zwar gibt es bei einigen Marken immer noch WLTP-bedingte Lieferschwierigkeiten. Deren Bedeutung für den gesamten europäischen Absatzmarkt ist aber überschaubar. Deutlich schwerer wiegen die eingetrübten konjunkturellen Aussichten und eine zunehmende Verunsicherung sowohl gewerblicher wie auch privater Käufer.“

 

Für Probleme sorge zudem das Brexit-Chaos, so Fuß: „Die Ungewissheit im Zusammenhang mit dem Brexit hält an – ein harter Brexit ist nach wie vor nicht ausgeschlossen und dürfte erhebliche wirtschaftliche Turbulenzen zur Folge haben.“ Auf den ersten Blick überraschend erscheint vor diesem Hintergrund das leichte Absatzplus auf dem britischen Absatzmarkt im Februar, das laut Fuß aber auf vorgezogene Käufe zurückzuführen sein dürfte: „Einige Käufer hatten vermutlich aus Sorge, dass es nach einem Brexit zu Lieferschwierigkeiten oder sogar Preiserhöhungen kommen könnte, ihren Neuwagen etwas früher bestellt. Zudem ist der Februar in Großbritannien traditionell ein sehr schwacher Monat mit niedrigen absoluten Absatzzahlen.“ Das Plus in Frankreich und Deutschland sei teilweise ebenfalls auf Sonderfaktoren zurückzuführen, so Fuß. „Zum einen sehen wir leichte Aufholeffekte: Fahrzeuge, die wegen der WLTP-Umstellung einige Monate nicht lieferbar waren, kommen nun auf die Straße. Obendrein ist das Rabattniveau sehr hoch: Viele Hersteller gewähren attraktive Preisnachlässe beim Kauf eines Neuwagens und Inzahlungnahme oder Verschrottung eines alten Dieselfahrzeugs.“

 

Vor diesem Hintergrund rechnet Fuß nicht mit einer echten Erholung des Marktes in den kommenden Monaten, sondern eher mit einer Seitwärtsbewegung: „Die Konjunkturkurve zeigt eher nach unten als nach oben. Und die politischen und wirtschaftlichen Risiken nehmen zu.“

 

Diesel-Absatz weiter kräftig unter Druck – nur in Deutschland nicht

Auch im Februar setzte sich der Abwärtstrend beim Absatz von Diesel-Neuwagen fort: Die Neuzulassungen von Diesel-Pkw in den fünf größten EU-Märkten (Deutschland, Großbritannien, Frankreich, Italien und Spanien) sanken insgesamt um 14 Prozent, nachdem sie im Januar um 19 Prozent geschrumpft waren – der Rückgang hat also leicht an Kraft verloren.

 

Der Diesel-Marktanteil schrumpfte in diesen fünf Ländern gegenüber Februar 2019 um 6,0 Prozent, wobei die Entwicklung von Land zu Land stark differierte: In Deutschland stieg der Marktanteil – zum zweiten Mal in Folge – um 0,6 Prozent, während er in Frankreich und Großbritannien um jeweils etwa 6 Prozent sank. In Italien und Spanien zeigt der Trend hingegen weiter steil nach unten: In beiden Ländern lagen die Marktanteilsverluste im zweistelligen Prozentbereich.

 

„Die positive Entwicklung in Deutschland ist eindeutig ein Sonderfall“, betont Fuß. „Und sie dürfte zu einem erheblichen Teil auf Nachholeffekte und verkaufsfördernde Maßnahmen seitens der Hersteller zurückzuführen sein. In einigen Ländern verliert der Abwärtstrend immerhin an Geschwindigkeit, und wir könnten im Lauf des Jahres eine Stabilisierung auf niedrigem Niveau sehen. Ungebremst ist der Absturz hingegen in Spanien und Italien, wobei die Rückgänge bei den Verkäufen von Diesel-Pkw in Italien auch deutlich später eingesetzt haben als in den anderen Märkten.“

Diesel-Marktanteil

 

YTD 2019

YTD 2018

Italien

43,2%

55,8%

Österreich

40,0%

43,1%

Frankreich

35,0%

41,1%

Top 5

34,7%

40,8%

Deutschland

33,5%

32,9%

Spanien

29,4%

39,9%

Großbritannien

29,3%

35,6%

 

„Angesichts der europaweiten Rückgänge bei den Verkäufen von Dieselneuwagen und der sich daraus ergebenden Anstiege der CO2-Emissionen sehen sich die Hersteller vor der Herausforderung, das Modellangebot und den Absatz von Elektroautos massiv hochzufahren“, betont Fuß.

Absatz von Elektrofahrzeugen steigt im Februar erneut deutlich

 

Im Februar gewann der Absatz von Elektroautos (einschließlich Plug-in-Hybriden) an Dynamik: In den Top-5-Märkten stiegen die Neuzulassungen um 35 Prozent, nachdem sie im Januar um 29 Prozent gewachsen waren. Der Marktanteil kletterte trotz dieses deutlichen Wachstums aber nur von 1,4 auf 1,9 Prozent. Insgesamt wurden in den fünf Ländern knapp 15.000 Elektroautos neu zugelassen – bei insgesamt etwa 800.000 Pkw-Neuzulassungen.

 

Von den sechs analysierten Absatzmärkten (Top 5 sowie Österreich) wies im Februar Österreich mit 3,6 Prozent den höchsten Marktanteil von Elektrofahrzeugen auf, während in Italien gerade einmal 0,3 Prozent der Neuwagen elektrisch fahren. In Deutschland lag der Marktanteil bei 2,5 Prozent.

 

„Der für die Autoindustrie so wichtige Durchbruch der Elektromobilität ist noch lange nicht Realität“, beobachtet Fuß. „Zwar glänzt das Elektro-Segment mit hohen Zuwachsraten, in absoluten Zahlen ist das Marktvolumen aber nach wie vor sehr überschaubar. Und das dürfte zumindest im laufenden Jahr auch so bleiben. Denn nach wie vor ist die Zahl verfügbarer Modelle sehr gering. Wir rechnen allerdings mit einer im Lauf des kommenden Jahres deutlich zunehmenden Dynamik. Dann sind auch von den deutschen Herstellern attraktive Premium-Elektroautos verfügbar, die gerade als Dienstwagen achtbare Marktanteile erzielen dürften. Ein weiterer wichtiger Schritt steht ab etwa 2022 bevor, wenn zunehmend Elektroautos im mittleren Preissegment auf den Markt kommen. Denn erst wenn tatsächlich E-Autos zu Diesel-Preisen erhältlich sind, kommt der Durchbruch am Markt.“