EMI: Flaueres Exportgeschäft nimmt Industrie Wind aus den Segeln

Eschborn (4.10.18) – Das Wachstum in der deutschen Industrie hat sich im September erneut verlangsamt. Der saisonbereinigte IHS Markit/BME-Einkaufsmanager-Index (EMI) schwächte sich abermals ab und sackte mit 53,7 Punkten im September sogar auf ein 25-Monatstief nach 55,9 im August. Zurückzuführen ist der niedrigere Hauptindex auf langsamere Wachstumsraten bei Produktion, Neuaufträgen und Beschäftigung sowie einer leichten Verkürzung der Lieferzeiten bei den Zulieferern, teilte der englische Finanzdienstleister IHS Markit am Donnerstag mit.

Der PMI spiegelt das Ergebnis der September-Umfrage zur Konjunkturlage in der deutschen Industrie in einem Wert wider. Eine EMI-Notierung unter der Referenzlinie von 50 zeigt an, dass die Geschäfte des Verarbeitenden Gewerbes im Vergleich zum Vormonat schrumpften; Werte über 50 signalisieren Wachstum. Ein Index von 50 bedeutet keine Veränderung zum Vormonat.

 

„Der deutschen Konjunktur scheint zum Ende des 3. Quartals etwas die Luft ausgegangen zu sein. Offensichtlich hinterlassen die anhaltenden internationalen Spannungen auch bei den deutschen Unternehmen ihre Spuren“, betonte Dr. Silvius Grobosch, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik e.V. (BME), am Donnerstag in Eschborn.

 

„Die Abschwächung der Weltkonjunktur hinterlässt Spuren in der deutschen Industrie. Laut jüngstem EMI ist gerade die Nachfrage aus dem Ausland schwächer und hat unmittelbar Auswirkungen auf die Produktion“, kommentierte Dr. Gertrud R. Traud, Chefvolkswirtin der Helaba Landesbank Hessen-Thüringen, am Donnerstag auf BME-Anfrage die aktuellen EMI-Daten. Sowohl die taumelnden Schwellenländer als auch Unsicherheit in einzelnen Ländern der Eurozone seien eine Belastung für die deutsche Industrie. Ein unmittelbares Ende dieser Abschwächung sei nach Einschätzung der Helaba-Bankdirektorin nicht in Sicht. Das Wachstum in Deutschland werde 2018 mit 1,8 Prozent geringer ausfallen als im Vorjahr (2,5 Prozent). 2019 sei nur noch mit 1,5 Prozent zu rechnen. Wesentlicher Treiber sei jedoch nicht der Außenbeitrag, sondern die Binnenkonjunktur – gespeist aus dem Bau und dem Konsum.

 

„Die Stimmung in der deutschen Industrie normalisiert sich allmählich. Die euphorischen Werte zu Beginn des Jahres waren ein wenig unrealistisch“, sagte Dr. Ulrich Kater, Chefvolkswirt der DekaBank, am Donnerstag dem BME. Erst die kommenden Umfragen würden zeigen, ob der deutschen Wirtschaft wirklich eine deutliche Verlangsamung bevorstehe.

 

„Im Lauf des September verteuerten sich insbesondere energetische Rohstoffe mit Rohöl an der Spitze, während die Preise vieler börsennotierter Metalle nachgaben oder sich seitwärts bewegten“, erläuterte Dr. Heinz-Jürgen Büchner, Managing Director der IKB Deutsche Industriebank AG, mit Blick auf die EMI-Rubrik „Der Einkauf im September“ (s.a. Angaben zum EMI-Teilindex „Einkaufspreise“). Ursache für den Preisanstieg bei Rohöl seien ein knapp versorgter Markt und ein Absinken der US-amerikanischen Rohölvorräte unter die Marke von 400 Millionen Barrel gewesen. „Zudem belasten die Sorgen vor Förderrückgängen im Iran infolge der ab November stark verschärften US-Sanktionen. Außerdem ließen die OPEC-Staaten bei ihrem letzten Treffen die Förderquoten unverändert. Eine höhere OPEC-Produktion ist aber notwendig, um geringere Fördermengen des Iran ausgleichen zu können“, sagte der IKB-Rohstoffexperte dem BME.

 

„Es war absehbar, dass sich die hohen Wachstumsraten von Ende vergangenen Jahres irgendwann abschwächen würden. Anhaltende Unsicherheiten auf dem Weltmarkt haben die Geschäftsaussichten spürbar getrübt, was dazu führte, dass viele Unternehmen ihre Erwartungen hinsichtlich des Produktionsniveaus binnen Jahresfrist deutlich gesenkt haben“, äußerte Phil Smith, Principal Economist bei IHS Markit. Positiver Lichtblick sei erneut das kräftige Plus bei der Beschäftigung gewesen, das der Binnennachfrage weitere positive Impulse geben werde. Sollte der Kapazitätsdruck allerdings weiter nachlassen, sei davon auszugehen, „dass wir über die kommenden Monate eine Verlangsamung des Jobaufbaus sehen werden”, so Smith abschließend.

 

Die Entwicklung der EMI-Teilindizes im Überblick:

 

Industrieproduktion: Der saisonbereinigte Teilindex rutschte im September auf ein 29-Monatstief ab und signalisierte damit eine weitere Verlangsamung des Wachstums in der deutschen Industrie. Überall dort, wo Zuwächse verbucht wurden, wurde dies meist dem Plus an Neuaufträgen sowie Bemühungen, den Auftragsbestand abzubauen, zugeschrieben.

 

Auftragseingang insgesamt/Export: Zum Ende des dritten Quartals gingen die Neuaufträge der Hersteller abermals zurück. Der entsprechende Teilindex notierte nur noch knapp über Stagnationsniveau, was dem niedrigsten Wert in der fast vierjährigen Wachstumsphase entspricht. Während die Binnennachfrage weiter auf Wachstumsterrain blieb, sackte das Exportgeschäft ins Minus.

 

Erstmals seit mehr als drei Jahren verbuchte die deutsche Industrie beim Auftragseingang aus dem Ausland einen Rückgang. Damit endet eine der längsten Phasen ununterbrochener Zuwächse in der mehr als 20-Jährigen Umfragegeschichte. Wenngleich das Minus noch moderat ausfiel, war es doch der niedrigste Wert seit Juni 2013. Zahlreiche Umfrageteilnehmer meldeten weniger Aufträge aus China, den USA und der Türkei, was in den meisten Fällen mit Ungewissheiten und Verzögerungen bei Entscheidungsprozessen begründet wurde.

 

Beschäftigung: Trotz einer leichten Entspannung im September auf den niedrigsten Stand seit knapp anderthalb Jahren blieb die Zuwachsrate bei der Beschäftigung auf hohem Niveau (und deutlich über den Werten für Leistung und Neuaufträge). Etwa 19 Prozent der befragten Manager meldeten ein Plus bei der Mitarbeiterzahl gegenüber nur fünf Prozent, die Stellen streichen mussten.

 

Einkaufs-/Verkaufspreise: Die deutschen Industrieunternehmen mussten erneut mehr für ihre Einkäufe ausgeben als im Vormonat. Unter den Produkten, bei denen ein Preisanstieg registriert wurde, waren unter anderem Energie, Kondensatoren, Metall (insbesondere Stahl) und Metallprodukte. Allerdings schwächte sich die Inflationsrate der Einkaufspreise ein weiteres Mal auf den nun niedrigsten Wert seit einem Jahr ab.

Die höheren Kosten resultierten zum wiederholten Mal in steigenden Verkaufspreisen seitens der Hersteller. Auch wenn sich die Rate gegenüber August minimal abschwächte, blieb sie noch immer deutlich über dem Durchschnitt dieser Serie (seit Ende 2002).

 

Jahresausblick: Deutlich eingetrübt hat sich der Optimismus vieler Einkaufsmanager bezüglich des erwarteten Wachstums über die kommenden zwölf Monate. Die Zuversicht sank auf den tiefsten Stand seit fast vier Jahren, und das liegt vor allem am anhaltenden Handelsstreit zwischen den USA und China sowie an den Unklarheiten im Zusammenhang mit den Brexit-Verhandlungen. Daneben gaben allerdings auch eine ganze Reihe der Befragten an, dass nach der boomenden ersten Jahreshälfte eine Phase natürlicher Abkühlung folgen müsse.