DVFA: Immobilienkommission sieht erhebliche Verbesserungspotenziale im Bereich des Zweitmarkthandels der Immobilien Spezial-AIF 

Frankfurt/Main (4.7.18) – Immobilien Spezial-AIF nehmen eine immer wichtigere Rolle in den Altersvorsorgesystemen der unterschiedlichen Altersvorsorgeträger, wie z.B. Lebensversicherungen, Pensionskassen und berufsständische Versorgungswerke ein. Im Unterschied zu Anleihen sind im Bereich Immobilien noch laufende Erträge von durchschnittlich 4% bis 6% p.a. nach Finanzierung für Investment Grade-Immobilien möglich. In der Folge haben Anlagen in Immobilien erheblich an Bedeutung gewonnen, um die Verpflichtungen der Altersvorsorgeträger auf der Passivseite erfüllen zu können. Dies hat dazu geführt, dass inzwischen über 425 institutionelle Immobilienfonds (Spezial-AIF) mit einem Volumen von mehr als 110 Mrd. Euro Immobilienvermögen über verschiedene Nutzungsarten bestehen.

Die Vermögensgegenstände der Immobilienfonds werden zwar mindestens einmal jährlich bewertet, jedoch finden relativ wenig Transaktionen in Bezug auf die Anteilscheine der Fondsinvestments statt. Oftmals warten die institutionellen Anleger bis die letzte Immobilie eines Fonds verkauft ist und der Fonds sich nach etlichen Jahren aufgelöst hat, um in neue Investments zu investieren. Hierbei werden häufig Marktchancen verpasst und Optimierungsmöglichkeiten nicht genutzt.

 

Ganz anders ist dies in den angelsächsischen Ländern. In 2018 hat der in den USA ansässige Fondsmanager Landmark Kapitalzusagen in Höhe von rund 3,3 Mrd USD zur Investition in den Zweitmarkt für Immobilienfondsanteile für den „Landmark Real Estate Fund VIII“ erhalten. In 2016 sind mehr als 10 Mrd. US-Dollar in Zweitmarktanteilen von institutionellen Investoren vorwiegend zwischen US Investoren und/oder britischen Investoren gehandelt worden. Zum endgültigen Durchbruch des Secondary Marktes verhalf dort der Verkauf von 43 Fondsbeteiligungen des US Pensionsfonds CalPERS im November 2015, der rd. 2 Mio. öffentlich Beschäftige in Kalifornien in Bezug auf die Altersvorsorge absichert. In Deutschland hat zuletzt im März 2018 die Swiss Life Versicherung Fondsanteile vom Spezial AIF „DIC High Street Retail Balance“ im Wert von über 200 Mio. im Rahmen einer Zweitmarkttransaktion erworben.

 

Die höhere Transaktionshäufigkeit ermöglicht eine wesentlich höhere Liquidität in den Immobilienfonds, die häufig auch Erstinvestoren wiederum höhere Fondsinvestments in der Assetklasse Immobilien ermöglicht. Die Liquidität wird auch durch die höhere Transparenz der Fondsmärkte ermöglicht. Dies gilt u.a. für den angelsächsischen Sprachraum, wo z.B. in UK und USA mehr Informationen gesammelt und veröffentlicht werden als in Deutschland.

 

Deutsche Investoren halten sich bisher noch überwiegend zurück. Ein Verkauf durch einen anderen Investor in einem Fonds wird von den anderen Investoren eher kritisch betrachtet.

 

Worin liegen die Chancen für die deutschen Investoren? Ist die Zurückhaltung in Deutschland überhaupt gerechtfertigt?

 

Ein Teil der Investoren strebt bei Zeichnung keinen Handel von Fondsanteilen an. Eine weitere Gruppe von Investoren zieht einen Handel während der Laufzeit sehr wohl in Betracht. Eine dritte Gruppe mag die Möglichkeit eines außerplanmäßigen Handels während der Fondslaufzeit begrüßen. Die erstgenannte Gruppe strebt ein Investment bis zum Ende der Fondslaufzeit bei erwartungsgemäß gleichgerichteten Interessen eines kleinen wie konstanten Investorenkreises an. Für diese Gruppe ist Liquidität der Anteilsscheine nicht relevant. Für die anderen beiden Gruppen ist eine geringe Liquidität ein Nachteil, wenn es um das Investment in Immobilien-Spezial-AIF geht. Häufig dauert es Jahre bis die Investmentstrategie in ein diversifiziertes Immobilien-Portfolio umgesetzt wird und die entsprechenden Mittel abgerufen sind. Allerdings ändern sich das Marktumfeld und/oder das regulatorische Umfeld sowie die Anforderungen an die Investments im Laufe der Jahre. Teilweise werden zudem die vereinbarten Ziele nicht erreicht. Dabei nennen Verkäufer meistens die folgenden Gründe für den Verkauf:

 

  • Mangelnde Übereinstimmung der Investoren- und/oder Managerinteressen im Fonds
  • Abweichung von der ursprünglichen Fonds-Strategie
  • Repositionierung im Portfoliomanagement, B. Änderung der Sektorpräferenz
  • Regulatorisches Umfeld erfordert andere Losgrößen je Fonds
  • Vorzeitige Modifizierung bzw. Revision der Investmentstrategie aufgrund von Marktänderungen

 

Gerade für Käufer kann es interessant sein solche Anteile zu erwerben. Dabei werden erfahrungsgemäß häufig die folgenden Gründe aufgezählt:

 

  • Vermeidung der J-Kurve. Gerade im jetzigen Wettbewerbsumfeld kann der Portfolioaufbau sehr viel Zeit in Anspruch nehmen. Diese (Warte-)Zeit verursacht Opportunitätskosten. Warum nicht einfach in ein bestehendes Portfolio einkaufen und umgehend Mieterträge vereinnahmen?
  • Eine bestehende Fremdfinanzierung innerhalb des Fonds muss nicht vorfällig aufgelöst oder neu beschafft werden, sondern geht mit dem Erwerb der Fondsanteile über. Dies bedeutet einen erheblichen Zeit- und Kostenvorteil, da die Kosten für die Vorfälligkeitsentschädigung und Bearbeitung beim Fremdkapitalgeber U. erheblich sein können.
  • Eine Übertragung der Fondsanteile löst nicht die üblichen immobilienbezogenen Erwerbsnebenkosten Der Vorgang ist eine einfache Wertpapiertransaktion mit Einigung und Übertragung.
  • Die Investoren sind unterschiedlich von der Regulierung Große Versicherungen unterliegen Solvency II, während Versorgungswerke, Pensionskassen und kleinere Versicherungen sich häufig an der Anlageverordnung orientieren. Dies führt zu unterschiedlichen Ergebnissen in der Beurteilung des Investmenterfolgs und des internen Verwaltungsaufwands, was wiederum unterschiedlich optimale Losgrößen zur Folge hat
  • Gerade wenn ein Fonds durch unterschiedliche Anlegerinteressen blockiert in der Umsetzung der Investmentpolitik geschwächt ist, kann ein neuer Investor diese Probleme auflösen und so den Fonds wieder auf Erfolgskurs bringen
  • Vor allem das Investment-Timing nimmt eine immer größere Bedeutung Teilweise erfordert es Jahre bis sich Renditen auf den Immobilien- Investmentmärkten angleichen, während dies auf den Anleihemärkten eine Frage von nur wenigen Wochen ist. Dies ermöglicht eine Überrendite aus der zügigen Reaktion auf Investmenttrends. Während sich die Immobiliensuche und Strategieumsetzung noch über Jahre hinzieht, kann ein zeitnahes Fondsinvestment einen höheren Ertrag erzielen
  • Vermehrt werden „Tail-End“-Strategien gesucht – die insbesondere in der Endphase des Fondszyklus für die Käufer interessant sind -, da sich die Verkäufer nicht mehr über Jahre mit Fonds in Liquidation auseinandersetzen möchten. Die Käufer können gleichzeitig am Ende der Fondslaufzeit häufig für ihre Geduld noch eine Überrendite erzielen. Transaktionen in der Endphase des Fonds können daher für beide Seiten interessant sein. Die meisten Verkäufe im Rahmen der Secondaries finden erfahrungsgemäß in den letzten 2-4 Jahren der geplanten Fondslaufzeit oder sogar danach statt.

Welche Fonds werden gehandelt und wie lange dauert die Transaktionsdurchführung?

 

In der Regel werden Fonds mit einem Fokus auf ein Land gehandelt. Die Ausnahme dazu bilden Mehrländerfonds. Insgesamt ist bei der Abwicklung ein Transaktionszeitraum von 6-12 Wochen üblich. Die Transaktionen bewegen sich mehrheitlich in einer Größenordnung von 5 Mio. bis 30 Mio. Euro je Fondsanteil und werden mit Unterstützung von Transaktionsberatern mit einer entsprechenden BaFin-Lizenz durchgeführt.

 

Wie wird die Bewertung der Fondsanteile durchgeführt und wer sind die Transaktionspartner?

 

Üblicherweise werden die Fondsanteile in Prozent zum Nettoinventarwert (Net Asset Value – NAV) gehandelt. Die folgenden Bewertungsverfahren kommen dabei zur Anwendung:

  • Discounted Cash Flow-Methode auf Basis eines langfristigen Prognosezeitraums
  • Aktuelle Markteinschätzung von Vergleichstransaktionen in Bezug auf die Verkaufspreise und Mieten (Vergleichswertverfahren)
  • Aktueller Verkehrswert gemäß dem letzten Gutachten als Referenzwert (Ertragswertverfahren), wobei den beiden anderen Verfahren die weitaus höhere Maßgeblichkeit seitens der Marktteilnehmer eingeräumt

 

Die Transaktionspartner und häufigsten Marktteilnehmer sind analog zu den Primary Transaktionen Pensionsfonds, Versicherungen, Asset Manager und auf Käuferseite Dachfonds bzw. Secondary Fonds. Eine höhere Marktliquidität in diesem Bereich würde die Marktchancen für alle Beteiligten erhöhen und der Professionalisierung der Assetklasse Immobilie weiteren Schub verleihen.  Dies wird auch verstärkt notwendig sein, um die Verpflichtungen der Altersvorsorgeeinrichtungen und deren Zinsversprechen in der Zukunft zu erfüllen.

 

Welchen Handlungsbedarf sieht die DVFA in diesem Thema in Deutschland?

 

Sowohl institutionelle Investoren als auch Manager von Spezialfonds dürften ein gemeinsames Interesse an einer Möglichkeit zu einem reibungslosen Wechsel von Investoren während der Laufzeit eines Fonds haben. Dazu sollten aber ein paar grundlegende Voraussetzungen erfüllt sein:

 

Der Spezialfonds sollte von Anfang an so konzipiert sein, dass allen Investoren sowie auch dem Manager bewusst ist, dass die Voraussetzungen für einen Wechsel eines Investors gegeben sind und das Vertragswerk im Idealfall dafür bereits grundlegende Vorkehrungen getroffen hat. Dies könnten z.B. bestimmte Klauseln in der Geschäftsordnung für den Anlageausschuss sein. Vor allem etwas größere und breiter diversifizierte offene Spezialfonds, die nicht den Charakter eines echten Club Deals von wenigen, sich gut bekannten Investoren haben, bieten sich hierfür an.

 

Der Frage der laufenden „richtigen“, also marktgerechten Bewertung des NAV kommt dabei eine entscheidende Bedeutung zu. Sofern der NAV zu möglichst vielen Zeitpunkten sehr nah am tatsächlichen Marktumfeld ist, desto schneller kann der richtige Preis für den Anteil zwischen zwei Investoren gefunden werden. Der Manager muss also dafür sorgen, dass der NAV auf folgender Grundlage berechnet wird:

  • Die Bewertung der Objekte des Fonds darf sich nicht zwingend nach langfristigen Durchschnittswerten bezüglich des Ertragswertes orientieren, sondern muss den Wert widerspiegeln, den das Objekt am Markt in einem Verkauf tatsächlich erzielen würde. In sich schneller ändernden Märkten reichen dann auch die in Deutschland oft nur jährlich vorgenommenen Bewertungen nicht aus. Die Bewertungen sollten daher grundsätzlich vierteljährlich vorgenommen wurden. Die zusätzlichen Kosten hierfür sind meist gering.
  • Auch muss die Passivseite bewertet Darlehen, die mit längeren Swaps zinsgesichert sind, Festzinsdarlehen oder Fremdwährungsderivate haben zu jedem Zeitpunkt ihre Marktwerte, die in der Berechnung des NAV zu berücksichtigen sind.
  • Bestimmte NAV Anpassungen nach INREV wie B. die Verteilung von Akquisitionskosten über mehrere Jahre oder die Bewertung von latenten Steuern helfen ebenso dabei, den aktuell richtigen Marktwert zu finden.

 

Insgesamt würden durch Möglichkeit des Zweitmarkthandels viele Investorengruppen wesentliche Verbesserungen erwarten. Der Zweitmarkthandel für institutionelle Fonds bringt erhebliche Kostenvorteile (Transaktionskosten), Arbeitsersparnisse (Erhalt der bestehenden Fremdfinanzierungen), Vorteile beim Investment-Timing und bei Portfolioumschichtungen sowie die Möglichkeit der Fortführung eines Fonds mit neuem Anlegerkreis.