VCI: EU-Pläne zur kollektiven Rechtsdurchsetzung gehen zu weit – Sammelklage: Keine amerikanischen Verhältnisse

 

Frankfurt/Main (22.6.18) – Mit deutlicher Kritik reagiert der Verband der Chemischen Industrie (VCI) auf den Richtlinien-Entwurf der EU-Kommission zu Sammelklagen, mit dem sich der Rechtsausschuss des Europäischen Parlaments morgen in einer ersten Aus­sprache befassen wird. „Wir begrüßen zwar, dass die EU-Kommission den Miss­brauch von Sammelklagen verhindern möchte. Umso unverständlicher ist es, dass sie an vielen Stellen hinter ihrem selbst gesteckten Ziel zurückbleibt“, kommentiert VCI-Rechtsexperte Berthold Welling den Richtlinien-Entwurf.

Aus Sicht des VCI ist ein ausreichender Schutz vor Klagemissbrauch unerlässlich. Der aktuelle Richtlinien-Entwurf gebe allerdings Grund zur Sorge. „Selbst Mindestanforderungen, die eine Klageindustrie verhindern, werden nicht erfüllt; so soll zumindest gewährleistet werden, dass sich der betroffene Verbraucher dem Verfahren anschließen muss. Damit folgt der Entwurf der EU-Kommission, wie an vielen anderen Stellen auch, nicht einmal ihrer eigenen ursprünglichen Empfehlung“, kritisiert Welling.

Vor allem bei der Klagebefugnis und der Drittfinanzierung gebe es deutlichen Nachbesserungsbedarf. „Im parlamentarischen Verfahren muss sichergestellt werden, dass die EU-Sammelklage den Interessen der geschädigten Verbraucher nützt. Und keine amerikanischen Verhältnisse entstehen, bei denen im Wesentli­chen die Interessen institutioneller Investoren in Sammelklageverfahren bedient werden“, so Welling. Er fordert ein Finanzierungsverbot von Klagen durch Dritt­organisationen. Der VCI-Rechtsexperte empfiehlt, dass der europäische Gesetz­geber Rücksicht auf die Rechtsentwicklungen in den Mitgliedstaaten nimmt und sich beispielsweise an den Regelungen zur Vermeidung des Klagemissbrauchs orientiert, wie diese in Deutschland kürzlich beschlossen wurden.

Zwei Jahre Brexit-Referendum in Großbritannien

Die Wirtschaft braucht endlich Klarheit

  • Chemie- und Pharmaunternehmen brauchen Abmilderung der Brexit-Folgen durch Übergangsphase
  • Unkontrollierter Brexit hätte für die Branche gravierende Folgen
  • Europäischer Rat Ende Juni sollte politisches Signal der Einigungsbereitschaft senden

Der Verband der Chemischen Industrie (VCI) betrachtet mit zunehmender Sorge, dass auch zwei Jahre nach dem Brexit-Referendum im Vereinigten Königreich noch immer keine Einigung bei wichtigen Fragen in Sicht ist. VCI-Haupt­geschäfts­führer Utz Tillmann warnt: „Zwar gibt es eine politische Zusage der Briten, die Brexit-Folgen für die Unternehmen durch eine Übergangsphase abzumildern. Diese hat aber einen entscheidenden Haken: Sie tritt nur in Kraft, wenn ein ratifiziertes Austrittsabkommens vorliegt. Bis zur entscheidenden Tagung des Europäischen Rats im Oktober ist noch viel zu tun, um die Verhandlungen über ein solches Abkommen abzuschließen.“ Ein unkontrollierter Brexit hätte für die chemisch-pharmazeutische Industrie aber unmittelbare und schwerwiegende Folgen, da die Branche häufig komplexe und grenzüberschreitende Wertschöpfungsketten habe, betont Tillmann und erläutert: „Zollzahlungen und zeitaufwendige Zollprozeduren an der Grenze mit Großbritannien könnten zahlreiche Lieferketten zum Erliegen bringen. Davon wären auch unsere Kundenbranchen massiv betroffen.“ Um chaotische Zustände im Fall des unkontrollierten Brexits abzuwenden, brauche es geeignete Back-up-Maßnahmen der Politik, so Tillmann.

Europäischer Rat Ende Juni sollte Signal der Einigungsbereitschaft senden

Tillmann appelliert angesichts der davonlaufenden Zeit für die Unternehmen vor dem Europäischen Rat in Brüssel nächste Woche an die Staats- und Regierungschefs: „Bitte schaffen Sie schnellstmöglich Planungssicherheit und Klarheit.“ Die EU solle mit Blick auf die Interessen der EU-27 verhandeln. Ihr Ziel sollte angesichts der geopolitischen Herausforderungen aber auch sein, dass Großbritannien ein starker Partner bleibt, mit dem die EU die Herausforderungen der Zukunft angehen könne. Tillmann sagt daher: „Der Europäische Rat bietet jetzt eine wichtige Bühne, um zumindest ein politisches Signal der beiderseitigen Einigungsbereitschaft zu senden.“