Ernst & Young: DAX-Konzerne weiter im Wachstumsmodus –

Umsatz und Beschäftigung steigen – aber Gewinn geht zurück

 

Stuttgart (23.11.17) – Die DAX-Konzerne konnten ihren Umsatz im dritten Quartal um vier Prozent auf 329 Milliarden Euro steigern – ein neuer Rekordwert. Der Gewinn sank hingegen erstmals seit dem zweiten Quartal 2016: um neun Prozent auf 28,9 Milliarden Euro, immerhin noch der zweihöchste Wert aller Zeiten. Beim Umsatzwachstum hatten im dritten Quartal Fresenius und Lufthansa die Nase vorn, die um zwölf bzw. elf Prozent zulegten. Sinkende Umsätze verzeichneten nur vier Unternehmen: Munich Re, Linde, RWE und Bayer.

Uneinheitlich war hingegen die Gewinnentwicklung: Dreizehn Konzerne mussten einen EBIT-Rückgang vermelden, ein Unternehmen – Munich Re – rutschte in die roten Zahlen. Die insgesamt schwache Gewinnentwicklung ist allerdings teilweise auf Sondereffekte zurückzuführen: Bei Munich Re führte die schwere Hurrikan-Saison in den USA und in der Karibik zu hohen Einbußen, bei Daimler waren hohe Kosten für die Nachrüstung von Dieselautos und eine Rückrufaktion der Grund für den Gewinnrückgang, und bei Volkswagen belasteten zusätzliche Milliardenkosten für Rückruf und Nachrüstung manipulierter Dieselautos in den USA die Gewinn- und Verlustrechnung.

 

Den höchsten Gewinn fuhr dennoch Daimler mit 3,5 Milliarden Euro ein, gefolgt von der Deutschen Telekom (3,1 Milliarden Euro) und Allianz (2,5 Milliarden Euro).

 

Ungeachtet des nachlassenden Umsatzwachstums – im ersten Halbjahr war der Gesamtumsatz der DAX-Konzerne noch um 7,3 Prozent gestiegen – und des sinkenden Gewinns setzen die DAX-Konzerne unterm Strich weiter auf Expansion und stellen zusätzliche Mitarbeiter ein: Die Zahl der Mitarbeiter der DAX-Konzerne stieg im dritten Quartal im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 3,4 Prozent – im Verlauf des vergangenen Jahres haben die DAX-Konzerne damit knapp 124.000 neue Stellen geschaffen.

 

Das sind Ergebnisse einer Analyse der Prüfungs- und Beratungsgesellschaft EY auf der Basis der Geschäfts- bzw. Quartalsberichte der im Deutschen Aktienindex (DAX) gelisteten Unternehmen.

 

„Die DAX-Konzerne sind weiter im Wachstumsmodus, aber der Schwung hat im dritten Quartal etwas nachgelassen“, beobachtet Mathieu Meyer, Mitglied der Geschäftsführung bei EY. „Das liegt zum einen an Sondereffekten, die die Gewinnbilanz verhagelten. Zum anderen herrscht aber – trotz des Rekordumsatzes und eines nach wie vor hohen Gewinnniveaus – längst nicht überall eitel Sonnenschein. Angesichts sich rasch verändernder Märkte und des rasanten technologischen Wandels befinden sich derzeit viele Großkonzerne in einem tiefgreifenden Veränderungsprozess. Sie schaffen neue Unternehmensstrukturen, spalten Teile ab und kaufen neue Kompetenzen hinzu. Und sie investieren Milliardensummen in die Digitalisierung ihrer Geschäftsmodelle und Zukunftstechnologien. All das kostet zunächst viel Geld, schmälert die Gewinne und führt teilweise auch zu Arbeitsplatzverlusten.“ Meyer betont aber, dass die Konzerne gut daran tun, in Boom-Zeiten in ihre eigene Zukunftsfähigkeit zu investieren. „Angesichts der Schnelligkeit, mit der heute Geschäftsmodelle entstehen und sterben, müssen die Unternehmen das Tempo ihrer Veränderung massiv erhöhen – entsprechend angespannt ist die Stimmung.“ Immerhin seien viele DAX-Konzerne derzeit in der komfortablen Lage, im operativen Geschäft hohe Erträge zu erwirtschaften, so dass sie kurzfristige Belastungen gut wegstecken und obendrein hohe Investitionen tätigen könnten, so Meyer.

 

Zudem: Im bisherigen Jahresverlauf konnten die DAX-Konzerne den Umsatz um 6,2 Prozent und den Gewinn sogar um 10,4 Prozent steigern. „2017 dürfte also trotz des leichten Durchhängers im dritten Quartal ein Rekordjahr werden“, erwartet Meyer.

 

Asien-Umsätze steigen weiter am stärksten

Besonders gut entwickelten sich im dritten Quartal das Asien- und das Europageschäft, wo die Umsätze um sechs bzw. fünf Prozent zulegten. Schwächer als in den Vorquartalen verlief das dritte Quartal hingegen in den USA: Hier verzeichneten die DAX-Konzerne unterm Strich nur noch ein Umsatzwachstum von 3,6 Prozent, nachdem im zweiten Quartal die Umsätze noch um zehn Prozent gestiegen waren – hier wirkten sich vor allem Währungseffekte bremsend aus.

 

Besonders erfreulich sei aber die anhaltend positive Entwicklung auf dem Heimatkontinent, so Meyer: „Die wirtschaftliche Erholung in Europa ist robust – hier erwirtschaften die DAX-Konzerne immerhin die Hälfte ihres Umsatzes. Die Arbeitslosigkeit sinkt auch in den ehemaligen Krisenländern kräftig und das Konsumentenvertrauen steigt ebenso wie die Investitionsbereitschaft.“ Insgesamt also rosige Aussichten auch für den Standort Deutschland, so Meyer: „Wenn es in Europa gut läuft, sichert das Arbeitsplätze in Deutschland“.

 

Entsprechend positiv verlief auch im dritten Quartal die Beschäftigungsentwicklung, betont Meyer: „Immerhin die Hälfte der Unternehmen steigerte die Mitarbeiterzahl um drei Prozent und mehr. Darin spiegeln sich auch die optimistischen mittelfristigen Geschäftserwartungen. Die DAX-Konzerne bleiben damit insgesamt Beschäftigungsmotoren – trotz der rückläufigen Entwicklung etwa im Finanzsektor.“

 

Und auch bei den Zukunftsinvestitionen ging es im zweiten Quartal weiter aufwärts: Die Ausgaben für Forschung und Entwicklung stiegen gegenüber dem Vorjahreszeitraum um vier Prozent auf 11,6 Milliarden Euro.

 

Großbritannien bereitet Sorgen – aber Ausblick weiter positiv

Kurzfristige Risiken für die deutschen Top-Konzerne sieht Meyer derzeit vor allem in etwaigen neuen geopolitischen Konflikten und der konjunkturellen Entwicklung in Großbritannien: „Das Wirtschaftswachstum in Großbritannien lässt nach, die Unternehmen werden angesichts der stockenden Brexit-Verhandlungen unruhig, wichtige Indikatoren wie etwa der Neuwagenabsatz, der im Oktober um 10 Prozent gesunken ist, zeigen eindeutig nach unten. Für die deutschen Top-Konzerne ist Großbritannien ein eminent wichtiger Absatzmarkt – und hier braut sich derzeit nichts Gutes zusammen“.

 

Unterm Strich aber ist Meyer optimistisch: „Das Wirtschaftswachstum in Europa hat sich zuletzt beschleunigt, die Beschäftigung steigt, und Deutschland entwickelt sich zurzeit zum Wachstumsmotor. Unternehmen investieren wieder verstärkt, die Verbraucher sind in Kauflaune, sogar die Sorge vor einer Überhitzung macht sich breit. Zunächst spricht also viel für ein weiteres Umsatz- und Gewinnwachstum in diesem und dem kommenden Jahr – und davon dürfte auch die Beschäftigung am Standort Deutschland profitieren.“

 

Angesichts der aktuellen konjunkturellen Hochphase und des begrenzten Anteil Deutschlands am Gesamtumsatz der meisten DAX-Konzerne dürften Deutschlands Top-Konzerne das vorläufige Scheitern der Regierungsbildung in Deutschland derzeit noch relativ gelassen sehen, so Meyer. Er gibt aber zu bedenken: „Deutschland profitiert massiv von offenen Märkten – entsprechend ist es für den Standort Deutschland und die hiesigen Unternehmen von eminenter Bedeutung, dass wir eine starke und handlungsfähige Regierung haben, die diesen Politikansatz auf internationaler Bühne vertreten kann.“