VÖB: Öffentliche Banken behaupten sich in schwierigem Umfeld

Präsident des Bundesverbandes Öffentlicher Banken Deutschlands, VÖBVorsitzender des Vorstandes der BayernLB
VÖB-Präsident Dr. Johannes-Jörg Riegler – Foto: VÖB

Frankfurt/Main (11.12.17) – Dr. Johannes-Jörg Riegler, Präsident des Bundesverbandes Öffentlicher Banken Deutschlands, VÖB, hat die politischen Parteien zu einer schnellen Regierungsbildung aufgefordert. „Völlig unabhängig, ob Große Koalition oder Minderheitsregierung: nun ist es wichtig, dass sich Deutschland den Herausforderungen auf nationaler und internationaler Ebene mit einem klaren Kurs stellt. Das Land in Europas Mitte mit der größten Volkswirtschaft benötigt eine handlungs- und entscheidungsfähige Regierung, die nicht nur geschäftsführend verwaltet. Es kann in dieser Situation niemandem gleichgültig sein, ob eine tragfähige Bundesregierung zustande kommt. Hier sind alle Kräfte gleichermaßen gefordert, denn Neuwahlen sind keine Lösung“, so Riegler. 

 

Wettbewerbsorientierte Regulierung und effiziente Aufsicht

Der Präsident der öffentlichen Banken fordert eine Regulierung ohne Wettbewerbsnachteile für Europa, eine Evaluierung der bisherigen Regeln sowie eine praxistaugliche Aufsicht. Riegler: „Natürlich war die umfassende Regulierung des Bankensektors nach der Finanzmarktkrise notwendig. Ein „Weiter so“ konnte niemand wollen.“ Nun plädiert er aber dafür, die Vielzahl an Regeln auf ihre Wechselwirkung hin zu überprüfen. „Regulierung darf am Ende nicht die Funktionsfähigkeit der Kreditwirtschaft einschränken, denn sie kann, wie das Bankgeschäft selbst, nie Selbstzweck sein, sondern muss konkrete Ziele verfolgen“.

Für die praktische Arbeit der Aufsichts- und Regulierungsbehörden erwartet der VÖB-Präsident eine bessere Abstimmung. „Eine strenge und einheitliche Aufsicht ist das beste Mittel gegen die nächste Krise. Aber die Behörden sollten sich auf die wesentlichen Dinge konzentrieren und sich besser untereinander absprechen. Die Banken in Europa unterliegen heute zahlreichen Datenabfragen, die von unterschiedlichen Institutionen ausgehen. Diese Datenanforderungen sollten zwischen allen Institutionen vor Start der Abfragen abgestimmt werden, denn nur so können Doppelbelastungen und Unklarheiten im Vorfeld vermieden werden.“ Riegler betont in diesem Zusammenhang: „Es geht nicht darum, dass wir uns gegen die Aufsicht oder Regulierung wehren, sondern es geht darum, dass wir eine effiziente und konsistente Aufsicht sowie faire Wettbewerbsbedingungen in Europa haben. Wer ernsthaft glaubt, dass es auf Dauer gut geht, wenn sich Banken intensiver um Aufsichtsbehörden und Regulatoren als um ihre Kunden kümmern, der irrt. Und dabei nehmen am Ende nicht nur die Banken Schaden, sondern die gesamte Volkswirtschaft.“ 

Basel IV: Appell für weltweit gleiche Spielregeln

Deutlich kritisiert Dr. Johannes-Jörg Riegler den vom Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht gefundenen Kompromiss zum Abschluss von Basel III. Riegler: „Die Einigung im Baseler Ausschuss schwächt die internationale Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Kreditwirtschaft. Ich hätte mir ein anderes Ergebnis gewünscht, um Wettbewerbsnachteile für europäische Institute zu vermeiden. Nun ist es entscheidend, dass Basel IV überall umgesetzt wird. Falls andere Staaten Basel IV nicht vollständig umsetzen, sollten wir Europäer selbstbewusst von Baseler Regelungen absehen, die unsere Banken benachteiligen. Bankenregulierung ist auch Wirtschaftspolitik.“

Insbesondere von der Trump-Administration in den USA erwartet Riegler, dass die globalen Standards auch tatsächlich umgesetzt werden. „Wir haben bereits in der Vergangenheit erlebt, dass die USA die Baseler Regeln nur selektiv umgesetzt haben. Das US-Finanzministerium untersucht bereits die Auswirkungen bestehender und geplanter Regelungen mit dem ausdrücklichen Ziel die Wettbewerbsfähigkeit einheimischer Institute zu stärken. Sollte es tatsächlich einseitige Deregulierungsschritte geben, so müssen wir auch in Europa vom Gaspedal gehen. Jede zusätzliche Regulierung, die für die europäischen Finanzmärkte gilt, an anderen Finanzplätzen aber nicht eingehalten wird, schwächt unsere Wettbewerbssituation.“

Von einem Deregulierungswettbewerb rät Riegler dabei ab: „Ein Wettrennen um die niedrigsten Regulierungsstandards schadet letztlich allen. Finanzstabilität ist ein hohes Gut und wir brauchen angemessene Regeln, um die Stabilität der globalen Finanzmärkte zu gewährleisten. Sollten Regulierungsstandards in anderen Ländern jedoch stark sinken, muss auch die bislang zwischen den wichtigen Finanzplätzen übliche gegenseitige Anerkennung der Aufsichtsregimes neu bewertet werden. Im Zweifelsfall müssten dann auch Banken aus den entsprechenden Ländern gezwungen werden, bei Tätigkeiten in der EU auch die EU-Regelungen anzuwenden und einzuhalten. Nur so wäre sichergestellt, dass sich die Wettbewerbsnachteile europäischer Banken nicht weiter vergrößern.“

Herausfordernde Situation für die deutsche Kreditwirtschaft 

Die öffentlichen Banken bewegen sich nach Einschätzung des VÖB-Präsidenten weiterhin in einem sehr schwierigen Umfeld. Riegler: „Niedrigzinsen, Regulierung und Digitalisierung stellen alle Banken weiterhin vor große Herausforderungen. Ich bin überzeugt, dass sich die Bankenlandschaft in den nächsten fünf Jahren massiv verändern wird. Die Pflichtbestandteile für Banken um in den nächsten Jahren erfolgreich zu sein, heißen solide Kapitalausstattung, die optimierte Kontrolle von Risiken und das permanente Arbeiten an Effizienzverbesserungen. Das Kürprogramm ist die ausgewogene Mischung aus Digitalisierung von Dienstleistungen und Prozessen sowie der persönlichen Betreuung des Kunden vor Ort zu finden. Wir Banken müssen uns in erster Linie selbst aus der schwierigen Lage befreien. Hier sind wir Vorstände und Geschäftsführer besonders als Unternehmer gefragt.“

Riegler sieht die öffentlichen Banken weiterhin als unverzichtbaren Bestandteil des Finanzplatzes Deutschland. Die Bilanzsummen der VÖB-Mitgliedsinstitute stehen für ungefähr ein Drittel des deutschen Bankenmarktes und circa ein Viertel der Kredite an Unternehmen. Bei den Kommunalkrediten sind sie mit einem Marktanteil von fast 50 Prozent klar Marktführer. Riegler: „Hinter diesen Zahlen steht vor allem eine Botschaft: unser Land sähe ohne die öffentlichen Banken nicht nur anders, sondern vor allem schlechter aus.“ 

Die Landesbanken haben weiterhin Risiken reduziert und die Kapitalausstattung verbessert. Riegler: „Die Landesbanken haben alle aufsichtlichen Stresstests klar gemeistert und ihre Ratings verbessert. Jede Landesbank verfolgt ein individuelles Geschäftsmodell. Im Fokus stehen dabei klar Geschäftsfelder mit Bezug zur Realwirtschaft. Daher ist die Kreditvergabe an Unternehmen und öffentliche Haushalte weiterhin der Schwerpunkt. 88 Prozent der Kreditvergabe der Landesbanken konzentriert sich auf Unternehmen und den öffentlichen Sektor. Weiterhin sind die Landesbanken in Deutschland Marktführer bei der Platzierung von Schuldscheindarlehen und ermöglichen somit mittelständischen Unternehmen einen unbürokratischen Zugang zum Kapitalmarkt.“

Die Angebote der 19 Förderbanken des Bundes und der Länder sind weiterhin stark nachgefragt. Riegler: „Die deutschen Förderbanken sind nicht nur in Krisenzeiten unverzichtbar, sondern bringen auch in wirtschaftlich guten Zeiten gesellschaftlich wichtige Ziele voran. So liegen die Schwerpunkte der Förderung bei Gewerbe- und Kommunalfinanzierung sowie im Städte- und Wohnungsbau. Auch bei drängenden Themen wie Digitalisierung, Nachhaltigkeit oder Unternehmensnachfolge sind Förderbanken aktiv.“

Regulatorische Rahmenbedingungen für Förderbanken verbessern

Trotz des speziellen Geschäftsmodells und der regionalen Fokussierung unterliegen Förderbanken bei der Bankenaufsicht grundsätzlich den gleichen Berichts- und Meldepflichten wie Geschäftsbanken. Riegler: „Förderbanken benötigen ein stabiles, zukunftssicheres regulatorisches Umfeld und keine komplexe europäische Regulierung. Die Förderbanken sollten von der unmittelbaren Geltung der EU-Finanzmarktregulierung ausgenommen werden und auf nationaler Ebene reguliert beaufsichtigt werden. Die nationale Aufsicht durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, BaFin, und die Bundesbank stellt sicher, dass die Besonderheiten der deutschen Förderbanken angemessen berücksichtigt werden und sie ihren öffentlichen Auftrag nachhaltig erfüllen können. Niemand kennt die Förderbanken besser als BaFin und Bundesbank. Die finanziellen und personellen Belastungen aus der Regulierungsumsetzung sind enorm. Jeder Euro, den Förderbanken für Aufsichts- und Regulierungsanforderungen aufwenden müssen, fehlt bei der Erfüllung ihres Förderauftrages.“