Helaba-Chefvolkswirtin Traud warnt: „Die Inflation ist schon da“ – Dax hat seinen Zenith bereits erreicht

Frankfurt/Main (20.11.17)/PK – Ende November jeden Jahres ist Prognose-Zeit. Dann tischen Volkswirte ihre Vorhersagen zur Zins-, Renditen- und Aktien-Kursentwicklung auf und wagen damit einen Blick auf das bevorstehende Jahr an den Kapitalmärkten rund um den Globus. Den Prognose-Reigen für das Jahr 2018 hat am Finanzplatz Frankfurt dieses Mal Gertrud Traud eröffnet.

Dr. Gertrud R. Traud, Chefvolkswirtin der Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba) – Foto: PK

Die Chefvolkswirtin der Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba)  kennen Beobachter als eine Analystin mit eigenwilliger Meinung, als eine, die gerne gegen den Main-Stream schwimmt und damit meistens recht behält. So wie in diesem Jahr, als sie dem Dax neue Höchststände vorhergesagt hatte und mit dieser seinerzeit mutigen Aussage ins Schwarze traf. Ob sie auch 2018 treffsicher ist, wird sich logischerweise erst in zwölf Monaten zeigen. — Was das Traudsche Orakel für 2018 zu bieten hat, steht in folgender Pressemitteilung der Helaba.

Die Weltwirtschaft wird 2018 mit einer Rate von 3,4 Prozent genauso dynamisch wachsen wie im Vorjahr. Der Euroraum und Deutschland werden ihr hohes Tempo aus dem Jahr 2017 allerdings nicht halten können. Mit einer Rate von 2 Prozent wachsen Deutschland und die Eurozone aber über Potenzial und die Arbeitslosenquoten sinken weiter. „Trotzdem bleiben die Unterschiede beträchtlich zwischen den Ländern, die Reformen vorgenommen haben und denen, die sich diesen bislang verweigern. Zu Ersteren zählt Spanien, das 2018 mit 2,8 Prozent wachsen sollte. Zu Letzteren gehört Italien mit einer erwarteten Wachstumsrate von 1,5 Prozent“, erläutert Dr. Gertrud R. Traud, Chefvolkswirtin der Helaba und Bereichsleiterin Volkswirtschaft/Research, bei der Präsentation der Studie.

Für die USA zeichnet sich im Jahresdurchschnitt 2018 eine leichte Wachstumsbeschleunigung auf 2,5 Prozent (Vorjahr 2,2 Prozent) ab. Dabei unterstellen die Helaba-Volkswirte moderate steuerliche Entlastung. „Das Investitionsklima in den USA wird aber durch die unberechenbare Handelspolitik unter Präsident Trump belastet“, so Traud. Die Impulse aus Asien werden im kommenden Jahr geringer ausfallen als 2017.

Insgesamt enthält die Studie 18 Länderanalysen sowie Kurzberichte zu den Bundesländern Hessen, Thüringen, Nordrhein-Westfalen und Brandenburg. Schwerpunkt ist in diesem Jahr der Konsum als Konjunkturfaktor mit einem Gewicht von mindestens 50 Prozent am Bruttoinlandsprodukt. Als Orte des Konsums stehen Einkaufszentren für diese wichtige Komponente und sind das Sinnbild für Konjunktur und Kapitalmärkte im Hauptszenario 2018. Die derzeit gute Konjunktur gibt es aber nicht umsonst: Ihr Preis ist die Inflation.

Inflation und Geldpolitik

Während der Anstieg der Teuerung bislang hauptsächlich auf die Energiepreise zurückzuführen war, ist 2018 auch mit höheren Kernraten zu rechnen. In den USA wird die Inflationsrate deutlich über 2 Prozent liegen. Im Euroraum und in Deutschland bewegt sie sich auf das Inflationsziel der Europäischen Zentralbank (EZB) von 2 Prozent zu. „Von ‚unerwünscht niedrigen‘ Inflationsraten kann deshalb keine Rede mehr sein“, so Traud.

In diesem Umfeld setzen einige Zentralbanken wieder auf Zinserhöhungen. Die US-Notenbank wird ihren geldpolitischen Normalisierungskurs fortsetzen. Auch die EZB wird reagieren, allerdings verzögert. Die Helaba-Experten erwarten, dass Mario Draghi den Zinshebel noch selbst umlegen wird, bevor er ab November 2019 in den Ruhestand geht. Voraussichtlich im Frühjahr 2019 wird er den Einlagenzins von -0,4 Prozent auf -0,2 Prozent zurückführen. Im Laufe des Jahres 2019 sollte der Leitzins von Null auf 0,25 Prozent angehoben werden.

Der Euro-Dollar-Kurs dürfte sich 2018 zunächst im unteren Bereich eines Bandes von 1,10 bis 1,20 bewegen. Die sich abzeichnende Zinswende der EZB wird den Euro im späteren Jahresverlauf auf 1,20 heben.

Anlageperspektiven

Die ultralockere Geldpolitik hat in den vergangenen Jahren zu einer zum Teil deutlichen Bewertungsexpansion bei Aktien, Renten und Immobilien geführt. Aufgrund dieser hohen Bewertung ist bei Anlageentscheidungen große Vorsicht angebracht. Bei Renten stellt sich angesichts der höheren Teuerung immer mehr die Bewertungsfrage. Im Laufe des Jahres 2018 wird die Rendite 10-jähriger Bundesanleihen bis auf 1 Prozent ansteigen. Es drohen also Kursverluste. Erste Wahl bei Neuanlagen sollten daher kürzere und mittlere Laufzeiten sein.

Aktienanleger haben bereits zu viele Vorschusslorbeeren verteilt und sind ausgesprochen sorglos geworden. Dies zeigt auch die historisch niedrige implizite Aktienvolatilität. Dabei bewegt sich die Bewertung des DAX schon oberhalb des langjährigen Normalbandes und ist damit teuer. Für das Hauptszenario unterstellen die Helaba-Experten eine Rückkehr in das KGV-Band von 10,5 bis 13. Unter realistischen Annahmen für das Gewinnwachstum ergibt sich daraus eine Kursspanne von 10.500 bis 13.500 Punkten. Somit sind auf dem aktuellen Niveau die Abwärtsrisiken beim DAX stärker ausgeprägt als das Aufwärtspotenzial.

Immobilien sind inzwischen zwar ebenfalls hoch bewertet. Sie können aber ihre relative Attraktivität trotz anziehender Renditen am Anleihemarkt halten. Gold könnte 2018 einen neuen nachhaltigen Aufwärtstrend einschlagen. Der Preis des gelben Metalls steigt über 1.400 US-Dollar pro Unze.

Diesem Hauptszenario messen die Experten eine Eintrittswahrscheinlichkeit von 70 Prozent bei.

Negatives Alternativszenario „Bauruine“ (10 Prozent)

Im negativen Alternativszenario „Bauruine“, dem die Helaba-Experten eine Eintrittswahrscheinlichkeit von 10 Prozent zuordnen, brechen strukturelle Schwächen auf und führen zu einem globalen Abschwung. Die Politik reagiert mit Protektionismus. Globalisierung und Welthandel werden zurückgedrängt. Deutschland rutscht in eine Rezession. Der Abwärtstrend erfasst die Europäische Union, so dass die ungelösten strukturellen Probleme der Währungsunion mit Wucht wieder hervortreten. Gold und US-Dollar werden in Zeiten hoher Unsicherheit ihrem Ruf als Krisenwährungen gerecht. Der Euro-Dollar-Kurs fällt auf 0,90. Der DAX stürzt in Richtung der 8.000-Punkte-Marke ab.

Positives Alternativszenario „Palast“ (20 Prozent) 

Richtig prunkvoll geht es im positiven Alternativszenario „Palast“ zu, dem Helaba-Volkswirte eine Eintrittswahrscheinlichkeit von 20 Prozent beimessen. Die Weltwirtschaft erreicht ein beeindruckendes Wachstumsniveau. Lebhafte Handels- und Investitionsaktivitäten sowie Produktivitätsfortschritte eröffnen neue Möglichkeiten. Unter diesen Bedingungen gelingt der Umbau der Europäischen Union zu einer Wettbewerbsgemeinschaft. In Großbritannien erkennt man, dass für den Austritt aus der EU die Statik fehlt, so dass diese Pläne verworfen werden.

Die Inflation steigt aufgrund des hohen Wachstums deutlich über das erklärte Ziel der Notenbanken von 2 Prozent. Die EZB leitet die Zinswende bereits 2018 ein. Am Rentenmarkt kommt es zu massiven Kursverlusten. Der DAX überspringt die Marke von 15.000 Punkten.