EZB: Finanzmarktintegration 2016 ins Stocken geraten – Uneinheitliche Entwicklungen

unterstreichen Bedeutung einer

echten Kapitalmarktunion

 

Frankfurt/Main (22.5.17) – Insgesamt ist die Finanzmarktintegration im Euro-Währungsgebiet im vergangenen Jahr ins Stocken geraten, so die Europäische Zentralbank (EZB) in ihrem jährlichen Bericht „Financial integration in Europe“, der heute anlässlich einer gemeinsamen Tagung mit der Europäischen Kommission in Brüssel vorgestellt wurde. Nachdem sich die Integration der Finanzmärkte im Gefolge der Finanzkrise einige Jahre lang wieder verstärkt hatte, wies eine aggregierte preisbasierte Messgröße der Integration 2016 eine volatile Entwicklung auf, während sich ein quantitativer Indikator in seinem Verlauf abflachte. Ausschlaggebend für diese Entwicklungen waren gegenläufige Effekte innerhalb der einzelnen Märkte und über unterschiedliche Märkte hinweg, was unter anderem auf divergierende Wirtschaftsaussichten in den einzelnen Ländern, Schwankungen bei der Risikoaversion weltweit und die politische Unsicherheit zurückzuführen war. Dem steht jedoch gegenüber, dass die Geldpolitik der EZB die Integration der Finanzmärkte weiterhin unterstützt.

Der Bericht enthält erstmals eine regelmäßige Analyse der Finanzmarktintegration in qualitativer Hinsicht; hierzu wird ihr wirtschaftlicher Nutzen gemessen. Zwei neue Indikatoren deuten darauf hin, dass die grenzüberschreitende Risikoteilung immer noch gering ist und die Teilung finanzieller Risiken im privaten Sektor keine große Bedeutung hat. Daher schlägt ein Großteil einkommDiese Ergebnisse unterstreichen die Wichtigkeit einer Vollendung der Bankenunion und die Bedeutung weiterer Schritte in Richtung einer ambitionierten Kapitalmarktunion. So sollte die derzeitige Überarbeitung wichtiger Rechtsvorschriften wie der Kapitaladäquanzrichtlinie oder der Sanierungs- und Abwicklungsrichtlinie zu spürbaren und zeitnahen Fortschritten führen, und zwar auch durch Harmonisierung von Wahlmöglichkeiten und nationalen Ermessensspielräumen. Darüber hinaus kann die Verbesserung und Harmonisierung von Insolvenzregelungen die Integration und Entwicklung der Kapitalmärkte fördern.

„Die Bankenunion und die Kapitalmarktunion sind zweifellos die beiden zentralen politischen Vorhaben, um die Integration der Finanzmärkte in der EU in den nächsten Jahren zu beschleunigen. Diese beiden Projekte sollten als sich gegenseitig verstärkende Initiativen angesehen werden, die den gemeinsamen Markt für Finanzdienstleistungen auf die nächste Stufe heben können“, so EZB-Vizepräsident Vítor Constâncio.

Der Bericht enthält einen Sonderbeitrag, der sich mit der grenzüberschreitenden Konsolidierung von Banken im Euroraum befasst. Angesichts der deutlichen Fortschritte bei der Umsetzung der Bankenunion ist die Entwicklung gesamteuropäisch agierender Banken immer noch recht begrenzt. Weitere grenzüberschreitende Fusionen und Übernahmen könnten dazu beitragen, dass die in einigen Mitgliedstaaten dringend erforderliche Bankenkonsolidierung ohne die Schaffung lokaler Wettbewerbsprobleme erfolgt. Darüber hinaus könnten sie die Integration von Kreditmärkten im Privatkundengeschäft, welche die Risikoteilung stützt, fördern und einen wertvollen Beitrag zur Abwicklung notleidender Kredite leisten. Neben der Vollendung der Bankenunion in Europa, der Verringerung von Wahlmöglichkeiten und nationalen Ermessensspielräumen im aufsichtsrechtlichen Regelwerk und der Harmonisierung von Insolvenzregelungen (wie oben erwähnt) sollten auch andere gezielte Maßnahmen für den Finanzsektor in Betracht gezogen werden, mit denen Hindernisse für die grenzüberschreitende Konsolidierung beseitigt werden. Dazu könnten beispielsweise die Harmonisierung des Verbraucherschutzes, der Abbau von aus notleidenden Krediten bestehenden Altlasten und die Betrachtung des Eurogebiets als einheitliche Jurisdiktion zur Berechnung systemischer Eigenkapitalzuschläge gemäß Basel zählen.