Referendum in Italien: Politikwissenschaftler Philipp Weinmann über Ausgang und Folgen der Abstimmung zur Verfassungsreform

 

Freiburg (5.12.16) Die Bürgerinnen und Bürger von Italien haben am Sonntag in einem Referendum über eine Verfassungsreform des Politikers Matteo Renzi abgestimmt und diese abgelehnt. „Renzi ist damit deutlich gescheitert“, sagt der Freiburger Politikwissenschaftler Philipp Weinmann. „Dabei hat er einen erheblichen strategischen Fehler begangen, indem er die Reform mit seinem eigenen politischen Schicksal verknüpfte.“ Dies sei für Renzis innenpolitische Gegnerinnen und Gegner eine Einladung gewesen, das Referendum zu einer Abstimmung über seine Regierung umzufunktionieren. „Renzi fügt sich damit in eine ganze Reihe von Politikerinnen und Politikern ein, die bei Abstimmungen zu hoch gepokert haben, wie zum Beispiel Alex Salmond in der Schottland-Abstimmung oder David Cameron beim Brexit-Referendum.“

Nun müsse der italienische Staatspräsident Sergio Mattarella entscheiden, wie es weitergeht. „Er wird versuchen, einen neuen Ministerpräsidenten zu finden, der in beiden Kammern von einer Mehrheit unterstützt wird. Gelingt das nicht, wird er das Parlament auflösen“, erläutert Weinmann.

Philipp Weinmann ist wissenschaftlicher Mitarbeiter und Dozent am Seminar für Wissenschaftliche Politik der Universität Freiburg. Zu seinen Forschungsschwerpunkten gehören der Vergleich politischer Systeme, die Wahlsystemforschung sowie das Thema Parteien und Wahlen.

 

IKB: EZB wird es schon richten

Düsseldorf (5.12.16) – Italiens Wähler haben ihre Chance nicht genutzt, aus dem anhaltend niedrigen Potenzialwachstum sowie der systembedingten politischen Blockade des Landes auszubrechen. Die Regierungen Italiens und anderer Staaten haben damit trotz größtmöglicher Unterstützung durch die EZB weiterhin Schwierigkeiten, ihre Bevölkerung für notwendige Reformen zu gewinnen, die für ein nachhaltiges Wirtschaftswachstum in der Euro-Zone dringend erforderlich sind.

So bleiben die Aussichten für Italien weiterhin trüb. Dies erhöht die Bedeutung der EZB für die Sicherstellung der italienischen Schuldentragfähigkeit und lässt keinen Zweifel an einer notwendigen Verlängerung des EZB-Aufkaufprogramms, um möglichen Renditekorrekturen im nächsten Jahr entgegentreten zu können. Das Ergebnis des italienischen Verfassungsreferendums bestätigt die Erwartungen, dass die Euro-Zone auch mittel- bis langfristig niedrige Zinsen benötigt, um ihre Schuldenlast tragen zu können.