Luxusgüterindustrie: Der Wendepunkt könnte erreicht sein –  Uhrenhersteller haben weiterhin Probleme – Wachstum kommt primär aus Schwellenländern

 

London (25.8.16) – Für die Hersteller von Luxusgütern wendet sich langsam das Blatt: Nach schweren Jahren können sie wieder moderate Wachstumsraten vorweisen. Scilla Huang Sun, Managerin des JB Luxury Brands Fund, kommentiert den möglichen Turnaround des Luxusgütersektors.

 

„Für Investoren sind die verbesserten Gewinnzahlen der globalen Luxusgüterkonzerne im zweiten Quartal eine große Erleichterung. Auch wenn die Quartalszahlen einiger Unternehmen noch ausstehen, sind die bisher veröffentlichen Zahlen besser als erwartet – gerade angesichts der geopolitischen Turbulenzen und gesamtwirtschaftlichen Herausforderungen“, sagt Scilla Huang Sun. Ein Grund dafür, dass die aktuellen Ergebnisse überraschen, seien die vor der Berichtssaison sehr pessimistischen Einschätzungen vieler Analysten gewesen. Bei den Experten seien deshalb vor allem die starken Ergebnisse der Branchengrößen, wie etwa von LVMH (Mutterkonzern der Marke Louis Vuitton) und Kering (Besitzer von Gucci), gut angekommen.

 

Im abgelaufenen Quartal erzielten besonders Sportartikelproduzenten, Kosmetikfirmen und Hersteller hochwertiger Lederprodukte gute Resultate. Höherwertige Luxusartikel wie Uhren und Schmuck hatten hingegen nach wie vor einen schweren Stand. „Da das Wachstum selbst im besten Fall moderat ausfallen wird, kommt es für Unternehmen in der Luxusgüterindustrie vor allem darauf an, die Kosten unter Kontrolle zu halten. Ferragamo und Hugo Boss sind in diesem Bereich recht erfolgreich“, so Huang Sun.

 

Geopolitische Entwicklungen bergen kurzfristige Risiken

Der Verkauf von Luxusgütern wuchs im zweiten Quartal weiterhin im mittleren einstelligen Bereich. „Wir gehen davon aus, dass das organische Wachstum der Unternehmen, in die wir investiert sind, im Jahr 2016 bei rund fünf Prozent liegen wird. Aus der Vergangenheit wissen wir, dass widrige Ereignisse wie Terrorattacken oder politische Themen wie die US-Präsidentschaftswahlen meist nur einen kurzfristigen Effekt auf die Verkaufszahlen von Luxusprodukten haben“, so Huang Sun.

 

Auch die Tatsache, dass einige Top-Marken ihr Image wieder neu beleben konnten, findet die Expertin ermutigend. Insbesondere Louis Vuitton und Gucci, die in den letzten Jahren etwas an Glanz eingebüßt hatten, haben viel Arbeit in die Revitalisierung der Markenidentität gesteckt und dies zahle sich nun anscheinend aus. Gerade europäische Kunden hätten neue Produkte nachgefragt und so zu den unerwartet guten Ergebnissen beigetragen. Gucci habe beispielsweise seine Verkaufszahlen in Westeuropa seit Jahresbeginn um beachtliche 20 Prozent gesteigert – obwohl Touristen aus Übersee, die auf Reisen oftmals Luxusgüter erstehen, aufgrund von Sicherheitsbedenken vermehrt ferngeblieben seien.

 

Geschäft mit Luxusuhren lahmt, Onlinehandel im Aufwind

„Das Sorgenkind der Luxusbranche bleiben Uhren. In der Schweiz und Frankreich, zwei wichtigen Märkten, bleiben die Touristen aus. Auch in Hong Kong sind die Absatzzahlen immer noch schwach und es gibt keine Anzeichen für eine Verbesserung. Allerdings dürfte es nur eine Frage der Zeit sein bis es auch hier eine positive Wende gibt, denn die Verkäufe sind bereits im zweiten Jahr rückläufig“, erklärt Huang Sun. So erwarte beispielsweise die Swatch Gruppe eine bessere zweite Jahreshälfte.

 

Die Digitalisierung hat das Shopping-Verhalten nachhaltig verändert. Der Expertin zufolge gilt das in besonderem Maße für die Luxusgüterbranche, in der die Markenidentität eine zentrale Rolle spiele. Gerade die sogenannten Millenials, also jüngere Menschen zwischen 18 und 35 Jahren, würden bei Kaufentscheidungen eher durch Empfehlungen ihres sozialen Umfelds beeinflusst als durch klassische Werbung: „Unserer Ansicht nach werden Luxusunternehmen weniger für neue Filialen und Werbung ausgeben, dafür aber verstärkt ins E-Commerce und Marketing über soziale Medien investieren.“ Das schlage sich schon heute in den Unternehmensausgaben nieder.

 

Das relativ schlechte Sentiment sei bei den gegenwärtigen Bewertungen am Markt bereits deutlich eingepreist. “Die Nachfrage nach Luxusgütern dürfte weiter steigen, auch weil die wachsende Mittelklasse in den Schwellenländern ihre Konsumbedürfnisse befriedigen will. Die Unternehmen in diesem Sektor haben ihre Hausaufgaben gemacht. Bessere Umsatzzahlen sollten auch dazu führen, dass die Gewinne überdurchschnittlich steigen“, sagt Scilla Huang Sun.